Vergangene Woche habe ich mir die „Woman“ gekauft. Für alle nicht-österreichischen Leser_innen: Das ist eine Frauenzeitschrift, die mensch wohl am ehesten mit der „Brigitte“ vergleichen kann.
Aufgefallen ist mir die „Lila Ausgabe“ an der Supermarktkasse, da sie (abgesehen vom schönen Lila) mit dem Slogan „(Fast) alle Macht den Frauen!“ auf der Titelseite warb. Im Heft findet sich dann eine Story, für die bekannte österreichische Politikerinnen und Unternehmerinnen interviewt (und in Männerkleidung abgelichtet) worden sind, die sich für eine Frauenquote aussprechen. Ein solcher Artikel in einer Frauenzeitschrift (die sich ja für gewöhnlich nicht mit emanzipatorischen Inhalten hervortun) ist grundsätzlich äußerst positiv. Aber während der Lektüre der „Woman“ ist mir wieder einmal aufgefallen, was eigentlich das Problematische an diesen Zeitschriften ist.
Gut, da ist erst einmal die Werbung. Gezählte 82 Seiten (!) von ingesamt 195 Seiten sind mit Anzeigen, großteils für Mode und Kosmetik, gefüllt. Und auch rund die Hälfte des verbleibenden Contents beinhaltet letztendlich Produktwerbung – die neueste Jeans-Mode, Produktempfehlungen der Chefredakteurin und so weiter. Über das Aussehen dieser Werbe-Frauen habe ich ja bereits an anderer Stelle gebloggt (wobei die Frauen in der „Woman“ echten Menschen bedeutend ähnlicher sehen), um die Werbeindustrie geht es mir aber diesmal gar nicht.
Es ist die Berichterstattung zu Macht und Karriere, die mich beschäftigt hat. Das fängt schon im Editorial an. „Denn die Farbe Lila steht nicht mehr nur für Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, sondern längst auch für Selbstbewusstsein, den Willen zur Macht (auch wenn das immer noch brutal klingt, aber gar nicht so bös gemeint ist) (…)“, schreibt die Chefredakteurin Euke Frank. Hier beginnt sie, die kindliche Verniedlichung, die sich wie ein roter Faden durch das Magazin zieht.
Es ist ein Prinzip, das häufig in der Medienberichterstattung auftaucht: Frauen werden als Personen dargestellt, die als nicht wirklich mündig erscheinen, die sich an einer Instanz von außen orientieren (müssen) und dann wie Kinder ermutigt, gelobt oder ermahnt werden. Und während die Pro-Frauenquote-Politikerinnen in einen Anzug gesteckt wurden und tough in die Kamera blicken, lachen die „Business Ladies“ in einem anderen Artikel mit kindlich-verspieltem Blick aus dem Heft und präsentieren ihre besten Freundinnen und Töchter, die ihnen den Rücken stärken. Denn nur so bringen sie Karriere, Familie und Privatleben unter einen Hut.
„‚Kannst du dich noch erinnern?‘, lacht Beraterin Heidi Glück ihrer Freundin Gabriela Nagler zu. ‚Früher sind wir immer bei dir zuhause gesessen und haben uns gegenseitig über unseren Liebeskummer hinweggetröstet'“, erzählt da Heidi Glück, ehemalige Pressesprecherin von Wolfgang Schüssel – eine Frau, die in Österreich nicht unbedingt das Image der netten Freundin hat. Stellen wir uns doch diese Geschichte im „GQ“ oder im „Wiener“ vor: Wolfgang Schüssel oder Christoph Leitl, in ihrem Arm ihr bester Freund, mit dem sie sich früher über ihre erste große Liebe unterhalten haben, und der auch heute noch liebevoll hinter ihnen steht?
Aber die „Lila Ausgabe“ hat noch mehr zu bieten: Damit frau auch gleich erfährt, was sie auf keinen Fall im Job tun darf, gibt es ein paar Seiten weiter die „7 größten Jobsünden“, illustriert mit einer niedlichen Frauenfigur, die sich sichtlich darüber freut, im Büro zu sitzen. „Vom Knopfannähen bis zum Beziehungsgespräch – Sie sind Ansprechpartnerin Nummer eins“, lautet da etwa Sünde Nr. 6. Anderen helfen ist nett, aber selbst sollte man auch nicht zu kurz kommen, sagt Ratgeberin Christa Kirchmaier. Vielleicht hat sie da aber gar sogar recht, denn wenn ein Arbeitskollege zu euch an den Schreibtisch kommt und fragt, ob ihr ihm einen Knopf ans Sakko nähen könnt und ihr Nadel und Faden aus der Schreibtischlade holt, dann macht ihr definitiv etwas falsch.
Auch der Schock für zwischendurch darf in der „Woman“ nicht fehlen. „Ich bin lieber Frau als Mann, weil..“ – diesen Satz sollten prominente österreichische Frauen ergänzen. Während einige da von Mascara, Sensibilität und der schönen Mode sprechen, geht der erste Platz definitiv an KHM-Direktorin Sabine Haag: „… ich mein Selbstverständnis als Frau niemals infrage gestellt habe. Und: weil ich drei wunderbare Söhne auf die Welt gebracht habe!“
„25 Top-Jobs für Sie“ und „Wir machen Ihre Arbeit“ erinnert mich wiederum an Anzeigen, mit denen die Stadt Wien sich an Jugendliche, die vor dem Hauptschulabschluss stehen, richtet. Schaut einmal, welche spannenden Jobs es da so gibt! Wenn ihr euch nur anstrengt, könnt ihr auch so tolle Sachen machen!, lautet der Tenor. Und huch, da ist sie auch schon, die Anzeige der Stadt Wien:
Könnt ihr auch diese unsichtbare Sprechblase sehen, die da sagt: „Na siehst du, das hast du aber ganz brav gemacht“? Margit freut sich auf jeden Fall auf den offfenen Umgang mit Menschen ihres Schützlings. Und Jasmina darf auch als Bürokauffrau mit ihren Haaren spielen.
Nun gut, uns bleibt noch das Cover-Girl Katie Holmes zur Orientierung. „Anfang kontrollierte Tom Cruise Katies Leben. Jetzt löst sie sich immer mehr von seinen Fesseln“, ist da zu lesen. Wenn das uns Frauen nicht ermutigen sollte!
Kennt ihr sie übrigens auch, die unzähligen Studien und Berichte, die immer wieder in den Medien auftauchen und besagen, dass Frauen zu wenig selbstbewusst sind, zurückstecken und nicht offensiv genug Forderungen stellen? Vielleicht sollten jene, die dem angeblich entgegensteuern wollen, damit aufhören, Frauen wie Kinder zu behandeln.
Du sagst es. Guter Text.
Es ist nicht (nur) die Struktur, an der es noch hagt. Es sind allen voran die Einstellungen der Frauen selbst.
Hm, das wollte ich damit eigentlich nicht sagen… Oder wie meinst du das genau?
Eigentlich finde ich zumindest den einen Punkt gut am Woman-Lila-Artikel:
Daß die Frauen mit ihren Töchtern dargestellt werden, und scheinbar Familie und Beruf für sie keine getrennten Bereiche sind. Und daß sie sich menschlich geben, und eben nicht betonen, wie wichtig es ist Ellenbogen zu haben und männliche Machtprinzipien zu erhalten und weiter zu verwenden. Ich fände es schön, wenn im GQ Manager erzählten, wie sie früher mit ihrem besten Freund über die erste Liebe gesprochen haben, und sich dann lachend und vertrauensvoll im Arm liegen. Daß so etwas in ‚Männermagazinen‘ nicht vorkommt, ist ja ein Mangel derer und nicht der Woman. Wenn der Rest nicht wäre, sondern nur die lachenden Frauen mit ihren Töchtern und Freundinnen, denen die Arbeit letztlich nicht übermäßig wichtig ist…feministischer geht es kaum.
Da hast du Recht… Ich wollte damit auch gar nicht sagen, dass Ellbogen-Karriere usw. als anzustrebendes Ideal dargestellt werden sollte. Aber ich finde, dass diese Produkte in ihrer eigenen Logik nicht schlüssig sind: Einerseits sind Frauen und ihre Karrierebestrebungen ständig Thema, andererseits werden sie verniedlicht und als Problemfälle inszeniert…
Diese Inszenierung als Problemfälle ist aber ein systemisches Problem, das sich in der Woman teilweise abbildet: Wenn das Ideal „Karriere wie die Männer“ gegeben ist, muss jede, die das noch nicht erreicht hat (und daher „die Frauen“ bis auf ein paar arge Vorzeige-Ausnahmen) als defizitär beschrieben werden. Und weil man ja menschenfreundlich sein will, wird Mut gemacht und gut zugeredet – du schaffst das schon. Von mir als Mann wird in ähnlichen Publikationen gerne erwartet, dass ich mich wie der Herrscher der Welt aufführe, als sei das völlig selbstverständlich. Dafür werde ich dann ermuntert, mir doch auch mal was zu gönnen und mich nicht gleich ins totale Burnout zu stürzen (so sehr mir das auch ein lobenswerter und natürlicher Herzenswunsch zu sein hat). Ich finde, dahinter steckt ein und dasselbe Disziplinierungsbestreben: den einen muss man das Handerl halten, damit sie brav mitmachen, den anderen wird auf die Schulter geklopft, damit sie brav mitmachen. Insofern sehe ich da keinen Widerspruch, zwischen einerseits Karriere und andererseits Problemfall… Die geschlechtsdichotome Inszenierung als das „Teile und herrsche“ des Kapitalismus. Oder so ähnlich 🙂
Guter Hinweis! Stimmt, in den Männerzeitschriften ist das die andere Seite…
Ich glaube nur, dass die Inszenierung von Frauen bis zu einem gewissen Grad nicht beabsichtigt so ausfällt… Dieses Prinzip der Verniedlichung findet sich in allen möglichen Medienprodukten…