Für das Missy Magazine habe ich mit Autorin Julia Roßhart über ihr Buch, Klassismus in feministischen Szenen und das Schweigen über Geld und Herkunft gesprochen. (Interview online nur für Mitglieder zugänglich, gedruckt in der Ausgabe 3/2017 lesbar)
Klassismus als Thema akademisch-feministischer Binnenkritik wird angesichts bildungsbürgerlicher Dominanz und elitärer Normen im Hochschul-Kontext nicht offensiv angegangen, sondern „ignoriert, verdrängt und tabuisiert“ – diesen Befund stellt die Soziologin Julia Roßhart ihrem Buch „Klassenunterschiede im feministischen Bewegungsalltag“ voran. Mit ihrer Dissertation, die sich feministischen Akteurinnen in der BRD der 1980er- und 90er-Jahre widmet, möchte die Autorin dementsprechend dazu beitragen, Forschungslücken zu schließen und weitere – dringend notwendige – Auseinandersetzungen anzuregen. Roßhart hat anhand von Dokumenten, ergänzt durch Gespräche mit Protagonistinnen, verschiedene Formen anti-klassistischer Interventionen innerhalb feministischer Gruppen und Szenen aufgearbeitet: Kritische Reflexionen der eigenen Klassenherkunft waren ebenso wie konkrete Umverteilungsmaßnahmen Versuche, mit Diskriminierungserfahrungen und Privilegien umzugehen. Federführend waren es lesbische Aktivistinnen, die – ohne Zugang zu männlichen Privilegien durch heterosexuelle Partnerschaften, so eine These – Unterschiede und Ausgrenzungen zwischen Frauen und Lesben zum Thema machten. „Ich hoffe sehr, dass es in zwanzig Jahren nicht erst einer Archivrecherche bedarf, um anti-klassistische Interventionen und Perspektiven zu erinnern“, schreibt Roßhart.*
Julia Roßhart: Klassenunterschiede im feministischen Bewegungsalltag. Anti-klassistische Interventionen in der Frauen- und Lesbenbewegung der 80er- und 90er-Jahre in der BRD. w_orten & meer 2016
*Diese Rezension ist bereits in an.schläge II/2017 erschienen.