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Komponistinnen? Fehlanzeige!

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Die Musikwissenschafterin Nicole Waitz hat sich in ihrer Bachelorarbeit mit der Rolle der Frau in der abendländischen Musikgeschichte auseinandergesetzt. Warum Musizieren noch immer männlich ist und Komponistinnen nicht auf den Spielplänen deutscher Konzerthäuser stehen.


Foto: WadeB / Flickr

Was ist das Thema deiner Arbeit? Was sind deine zentralen Fragestellungen?

Ich habe in meiner Arbeit die Rolle der Frau in der abendländischen Musikgeschichte anhand von bildlichen Darstellungen analysiert und in einen sozialgeschichtlichen Kontext gestellt. Als Grundlage diente mir ein Bilderkatalog mit ausgewählten ikonografischen Darstellungen musizierender Frauen von der Antike bis zur Gegenwart.

Ausgehend von der These, dass Geschlechterkonstruktionen die Musizierpraxis bis heute beeinflussen sowie umgekehrt ebenso durch musikalisches Handeln diskursiv erzeugt werden und mit der Prämisse, dass die bildliche Darstellung von Musik bzw. musizierenden Personen soziale Dimensionen und Ideologien codieren, habe ich mir folgende Fragen gestellt:

  • Inwieweit beeinflusst die Dichotomie der Geschlechter musikalisches Handeln?
  • In welchen Bereichen werden Geschlechtsidentitäten durch Musik konstruiert?
  • Sind heteronormative Werte tragend für die Symbolisierung der Musik als körperliche Sinnlichkeit?
  • Wie zeigt sich die weibliche Konnotation der Musica (Allegorie der Musik selbst) als Imagination von Weiblichkeit?

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Pretty in Pink

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Nachdem LEGO sein Marketing jahrzehntelang auf Buben / Jungs ausgerichtet hat, wurde nun nach „intensiver Forschung“ eine Serie für Mädchen vorgestellt. Herausgekommen sind rosa Figuren, die Kuchen backen, sich die Haare machen und mit Haustieren spielen. Anita von Feminist Frequency erläutert wie immer fundiert diese furchtbare Strategie des Konzerns:

Teil 2 des Videos

Teilzeit

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Dem Aufruf von vergangener Woche ist sogleich eine ehemalige Studienkollegin von mir gefolgt. Judith Ivancsits hat sich in ihrer Masterarbeit (Gender Studies) mit der Lebensplanung von Frauen mit Kindern im Burgenland auseinandergesetzt und stellt die berühmte Teilzeit-Frage, die Autor_innen und Politiker_innen aus allen Lagern beschäftigt.

Was ist das Thema deiner Arbeit, was sind deine zentralen Fragestellungen?

Der Titel meiner Arbeit lautet „Warten auf den Prinzen…?“ Lebenskonzepte von Frauen mit Kindern“. Ich möchte damit andeuten, dass Frauen ihr Leben von jeher darauf ausgerichtet haben, im gebärfähigen Alter eine Partnerschaft einzugehen, eine Familie zu gründen und im Anschluss daran das ihnen vorbestimmte Leben – das der Mutter zu führen. Natürlich entspricht dieses Bild nicht mehr ganz der Realität; Frauen machen ihr Leben nicht von Männern abhängig. Sie sind unabhängig und brauchen für ihre Existenzsicherung keinen Partner. Trotzdem ist in Lebensläufen von Frauen ein ganz bestimmter Trend erkennbar: eine aktive Gestaltung der eigenen Biographie erfolgt in vielen Fällen nur bis zum Zeitpunkt einer Familiengründung. So kehren viele Frauen nach einer Karenzzeit nicht mehr zu 100 Prozent in den Beruf zurück, gehen Teilzeit- oder geringfügige Arbeitsverhältnisse ein. Das heißt, auch wenn es heute fast selbstverständlich ist, dass auch Mütter einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, ist es nicht selbstverständlich, dass Mütter einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen. Oft stellt eine Teilzeitbeschäftigung aber keine Existenzsicherung dar, was zur Folge hat, dass Frauen trotz Berufstätigkeit von einem Partner abhängig bleiben. Meine zentrale Fragestellung lautet demzufolge: Welche Motive beziehungsweise Beweggründe veranlassen junge Frauen mit Kindern nicht mehr voll in den Beruf einzusteigen?

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Raewyn Connell im Interview – Teil 1

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Raewyn Connell gilt als eine der Mitbegründerinnen der akademischen Männlichkeitsforschung, ihr Werk „Masculinities“ (1995) ist das meistzitierte in diesem Feld. Derzeit lehrt die Soziologin an der Universität von Sydney, wo sie einen Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften innehat. Auf der „Männertagung“ 2011, die Ende Oktober in Graz (Österreich) stattfand, sprach sie mit mir über ihr Konzept der „Hegemonialen Männlichkeit“, rechtskonservative Strömungen innerhalb der Männlichkeitsforschung und skrupellose Manager.

Raewyn Connell
Foto: Männertagung Graz

Bücher wie „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“ erfreuen sich seit Jahren großer Beliebtheit und auch in den Medien sind (angebliche) Geschlechterunterschiede ein Dauerbrenner. Sie haben solche Publikationen in ihrem Vortrag als „knowledge-free zone“ bezeichnet. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg und wie sollten feministische WissenschafterInnen Ihrer Ansicht nach darauf reagieren?

Diese Bücher geben vereinfachte Antworten auf Fragen, die durchaus viele Menschen beschäftigen. Menschen fragen sich, wie und warum sich Geschlechterbeziehungen verändern und woran sie sich orientieren können. Die populärwissenschaftliche Literatur gibt darauf falsche und irreführende Antworten, aber sie liefert unterhaltsame Antworten. Diese „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“ Bücher sind ein wenig mit Horoskopen zu vergleichen: Es werden dir unterhaltsame Geschichten erzählt und „Fakten“ präsentiert, die du bereits zu wissen glaubst – du findest dich darin wieder und wirst in deinen Vorurteilen bestätigt.

Die Ratgeber-Industrie macht so mit der Verunsicherung der Menschen ein gutes Geschäft. Und diese Bücher sind fast allesamt konservativ und anti-feministisch, wir müssen sie also kritisieren. Wir müssen aber auch die Bedürfnisse erkennen, die hier bestehen. Ich bewundere Feministinnen sehr, die es schaffen, in den Massenmedien gute Geschichten zu erzählen und wichtige Problemstellungen einfach und verständlich aufzubereiten. Ich denke, das ist ungeheuer wichtig.

Ihr Konzept der „Hegemonialen Männlichkeit” ist innerhalb der Männlichkeitsforschung sehr einflussreich, ihr Werk „Masculinities“ ist das meistzitierte in diesem Feld. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Ich denke, das Konzept der „Hegemonialen Männlichkeit“ ist sehr einflussreich, weil es WissenschafterInnen ermöglicht hat, die Verbindung zwischen verschiedenen Problemstellungen zu erkennen. So wurde etwa sichtbar, dass es nicht nur eine Männlichkeit, sondern sehr verschiedene Männlichkeiten gibt. Außerdem fokussiert es auf Geschlechterbeziehungen, es ermöglichte WissenschafterInnen, zu verstehen, wie Unterschiede zwischen Männlichkeiten mit den Geschlechterbeziehungen zwischen Männern und Frauen verwoben sind.

Außerdem konnten sie über Männlichkeit sprechen, ohne diese zugleich ablehnen oder bestätigen zu müssen; sie konnten erkennen, dass es bestimmte Muster im Konzept Männlichkeit gibt, die äußerst schädlich sind und dass Männer auch alternative Positionen innerhalb der Geschlechterordnung einnehmen können. Wenn wir in einem dichotomen Denken verhaftet bleiben, das die sozialen Gruppen „Männer“ und „Frauen“ getrennt voneinander behandelt, dann können wir auch nicht über Wege nachdenken, wie Männer von Positionen innerhalb des patriarchalen Systems abrücken und wie Allianzen zwischen Feministinnen und bestimmten Gruppen von Männern entstehen können. Ich denke, es fehlte auch an einem Konzept, um über Positionen von homosexuellen Männern innerhalb der Geschlechterbeziehungen nachdenken zu können.

Ich nehme also an, dass die Sprache der hegemonialen Männlichkeiten, der marginalisierten, komplizenhaften und der untergeordneten Männlichkeit eine Analyse von bestehenden Komplexitäten und ein strategisches Nachdenken über potentielle Veränderung von Männlichkeiten ermöglichte. Natürlich wurde mein Konzept in bestimmten Kreisen auch abgelehnt, ich glaube, Queer-TheoretikerInnen mögen es nicht besonders und auch WissenschafterInnen, die eher einen funktionalistischen Ansatz vertreten, können nicht viel damit anfangen.

In der feministischen Wissenschaft bzw. in den Gender Studies herrscht eine rege Diskussion über die eigenen Begrifflichkeiten, über ein „feministisches Subjekt“ und damit verbundene Essentialismen. In der Männlichkeitsforschung scheinen solche Diskussionen eine untergeordnete Rolle zu spielen – würden Sie dieser Beobachtung zustimmen?

Ja, es existiert ein sehr weit verbreiteter, essentialistischer Gebrauch des Konzepts „Männlichkeit“. Einerseits natürlich in populärwissenschaftlicher Rategeberliteratur, aber auch in konservativen, männerpolitischen Gruppen. Ich persönlich habe kein Problem damit, von „Männern“ und „Frauen“ zu sprechen – für mich sind das die Namen sozialer Gruppen. Ich mache mir auch nicht so viele Gedanken über Essentialismus, wie das andere WissenschafterInnen tun – vor allem Queer-TheoretikerInnen, DekonstruktivistInnen und PoststrukturalistInnen versuchen ja, Essentialismus um jeden Preis zu vermeiden. Meiner Ansicht nach brauchen wir uns darüber nicht so viele Sorgen zu machen; nicht, weil wir etwa essentialistisch agieren sollten, sondern weil wir die Analyse von Gender auf anderen Grundlagen aufbauen können.

Ich spreche dabei von Gender als eine Strukturkategorie sozialer Beziehungen. Bei Gender handelt es sich um eine soziale Realität, die ebenso eine historische Realität ist – aber keine biologische. Es ist eine historische Realität bezogen auf die Art und Weise, wie Gesellschaften mit Reproduktion umgegangen sind. Ich sehe eine Gefahr in vehementem Anti-Essentialismus – nämlich, dass wir die menschliche Reproduktion vergessen. In dekonstruktivistischen feministischen Texten kommen Kinder praktisch nicht vor. Sie fehlen einfach – ebenso die Erziehung, die Kinderbetreuung, die Beziehungen zu Kindern. Das ist sehr problematisch, denn bei Gender geht es in erster Linie um reproduktive Körper und um die sozialen Beziehungen, die sich in unserem reproduktiven System abspielen.

Das auszusprechen, heißt für mich nicht, in Essentialismus zu verfallen, sondern in den Realismus. Und es bedeutet dabei keineswegs, automatisch davon auszugehen, dass alle reproduktiven Körper gleich wären, was uns essentialistische Ansätze ja erzählen wollen. Für mich hat dieser Zugang zu Gender das größte Potential, er  ermöglicht auch eine kritische Analyse von Macht, Unterdrückung und Ausbeutung. Und es geht also darum, die Verkörperung sozialer Strukturen zu erkennen und zu verstehen. Wir haben nicht eine dichotome Gesellschaft hier und Köper dort – Gender ist eine soziale Struktur, die in die Körper eingeschrieben ist. Dieses Denken führt uns meiner Ansicht nach weit über essentialistische Positionen hinaus. Vielleicht liege ich auch falsch –  aber so sehe ich dieses Problem.

Demnächst in Teil 2: Männlichkeitsforschung als eigene Disziplin und Krisen-Manager.

Dieses Interview ist bereits  in der Dezember-Ausgabe der Zeitschrift „an.schläge“ erschienen.

nomen est omen

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gilt. Zum Beispiel in Italien, wo Mädchen, laut Standard nicht mehr Andrea heißen dürfen, weil Andrea ein Bubenname sei und ein Mädchen so zu nennen, würde Verwirrung ob des Geschlechts auslösen und das sei gegen das Interesse von Mädchen. Na ja, ich weiß nicht. Es gibt in Kroatien ein Dorf, das so heißt wie ich und dennoch hat das nie Verwirrung bei mir ausgelöst, ob ich vielleicht nicht doch ein Dorf bin.

Es gibt ein Kinderbuch von Oliver Wenniges mit dem Titel Prinzessin Horst. Folgendes Bild ist daraus:

Vielleicht wäre eine italienische Übersetzung davon nicht schlecht.

Medienkritik – biber

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Eigentlich mag ich biber, das Gratismagazin für „neue Österreicher“. Immer, wenn es vor U-Bahn-Stationen verteilt wurde, war es für mich eine willkommene Alternative zu „Heute“ und „Österreich“,  mittlerweile habe ich es auch abonniert. „biber“ ist  unterhaltsam, zuweilen auch ernsthaft. Gut gemachtes Infotainment – diese Beschreibung trifft es wohl am ehesten. Und gerade, weil ich es eigentlich gerne lese, nervt mich das Magazin gewaltig. Der Grund: natürlich die Darstellung von Männern* und Frauen*.

Männer* sind im Magazin meist coole Rapper, abgebrühte Sportler, Politiker, Türsteher, Ladenbesitzer und Fleischesser. In der Oktober-Ausgabe 2011 wurden da etwa serbische Fußballfans porträtiert (und ihren homophoben Parolen ein großflächiges Foto gewidmet), die Geschichte zweier politischer Aktivisten aus Syrien erzählt und „Serbiens Bushido“ interviewt. Ebenfalls zu lesen gab es eine Story über den ehemaligen Box-Staatsmeister Biko Botowamungo und eine Fotoreportage vom Wiener Fußballplatz. Aber auch Frauen* kommen im Oktober-Heft vor: von Seite drei lacht die rumänische Miss Austria und bei einem Artikel über Fernbeziehungen und Cybersex darf ein Model ihre Brüste in Richtung Kamera pressen.

Klischees sind im „biber“ überhaupt sehr präsent. Was an manchen Stellen vielleicht als Selbstironie durchgehen mag, schlägt schnell in die immergleiche Reproduktion von Geschlechterstereotypen um. Da sind etwa die „Bibericas“, die folgendermaßen charakterisiert werden: „Die typische Biberica ist  selbstbewusst, hat was am Kasten – und viel im Kleiderschrank. Style und Schönheit sind ihr sehr wichtig. Wöchentliche Shoppingtouren gehören neben ihrer Karriere und kulinarischen Zaubereien für die Großfamilie selbstverständlich dazu.“ Außerdem plant sie in Gedanken stets ihre Traumhochzeit, wie immer wieder zu lesen ist, sie will einen Mann, der sich gut kleidet, aber auf keinen Fall mehr Zeit im Bad verbringt als die Biberica. Und sie ärgert sich, wenn der „Schwabo-Mann“ (Österreicher) im Restaurant getrennte Rechnungen verlangt.

Männer* sind hingegen im „biber“ meist verdammt hart und verdammt lässig. Wenn über Rapper berichtet wird (und das kommt ziemlich häufig vor), bekommen diese schon mal die Frage „Ist Sido schwul?“ gestellt (Ausgabe November 2011). In der aktuellen Ausgabe erzählen Türsteher, die „Macht der Nacht“, aus ihrem Berufsalltag. Und weil die aber so richtige Männer* sind, braucht es natürlich eine ordentliche Portion Sexismus und deutlich artikulierte Homophobie. „Trotzdem bleibt der Job gefährlich: ‚Du darfst keine Schwuchtel sein‘, meint der 27-Jährige Ramzee auf die Frage, was die Voraussetzungen für diesen Beruf seien.“ Und an anderer Stelle: „Ein bekannter Moderator, der angeblich heterosexuell ist und eine Freundin hat, macht jedes Wochenende mit einem anderen Typen rum‘, erzählt Mehmet angewidert und wechselt schnell das Thema.“ Was den Türsteher nicht anwidert, ist klar: „Bist du ein geiles Weib, kommst du rein.“

Spätestens bei solchen Stories vergeht mir das Lachen gründlich. Die Redaktion sollte sich wirklich dringend mit den Geschlechterbildern im eigenen Magazin (inklusive Bildsprache) und offensichtlicher und latenter Homophobie auseinandersetzen. Oder gehört das etwa zum Konzept?

Vertrauen in die Partnerschaft heißt unsere finanzielle Absicherung

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Kurz habe ich mir heute am Bahnhof gedacht, da wird ja eine alte Ausgabe des Profils verkauft. Aber nein, das Datum ist aktuell, nur die Coverstory ist so was von gestern. „Jede zweite junge Österreicherin denkt an den Rückzug zu Kindern und Küche.“ – Ja, das gab es schon im Mai zu lesen: Ein „Ergebnis“ der Jugendmonitorstudie, einer telefonischen Umfrage (!) bei 800 Jugendlichen zwischen 14 und 24. Und noch heute erstaunt mich die Ein- und Weitsicht eines Herrn Minister Mitterlehner, trotz dieser „Ergebnisse“ den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze weiterzuführen. Danke.
Warum auch immer diese Coverstory – sie bietet auf jeden Fall keine neuen Erkenntnisse, nicht einmal neue Klischees. Es wird alles hineingepackt, die Bobo-Psychologin und die jungen gut gebildeten Macchiato-Mütter, die Babykarenz und der Karriereknick, die wirtschaftlich motivierte Flucht in die Mutterschaft innerhalb der Unterschicht, die fehlenden Kinderbetreuungsplätze, die Evolutionsbiologie, die linksradikale Genderpolizei und der Wertekatalog.

Für einen Satz ist es allerdings wert, diesen Artikel zu lesen: Frau Margit K., 42, (Ist die echt?), schaffte es in das Top-Management einer internationalen Logistikfirma (schaffte es – würde das jemals bei einem Mann geschrieben werden?), dann kam ein Kind und sie blieb zu Hause. Sie mache sich Sorgen um ihre finanzielle Zukunft, heißt es da in diesem Artikel. Aber, und jetzt kommt es, ich zitiere wörtlich: „Da braucht es Vertrauen in die Partnerschaft.“ Yes!

ba

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