Zum „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ veröffentliche ich hier einen Text, den ich über Gewaltschutz(gesetze) in Österreich geschrieben habe:
Gewalt gegen Frauen ist bis heute ein zentrales Thema feministischer Politiken. Während es gegenwärtig in Österreich ein umfassendes Gewaltschutzgesetz gibt, das auch anderen Ländern als Vorbild dient, war häusliche Gewalt zu Beginn der 1970er-Jahre schlichtweg ein Tabu-Thema. Aktivistinnen der zweiten Frauenbewegung durchbrachen das Schweigen und stellten sich der Trennung in öffentliche und private Bereiche entgegen. Sie wiesen auf unterschiedliche Gewalt-, Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse hin und fassten so den Begriff der Gewalt wesentlich weiter: Es wurden nicht nur Gewaltakte, sondern auch gesellschaftliche Strukturen – Herrschaftsstrukturen – in den Blick genommen.
1972 wurde das erste Frauenhaus in London eröffnet, das Frauen und Kindern einen sicheren Zufluchtsort vor gewalttätigen (Ehe-) Partnern bot. In Wien entstand das erste Frauenhaus 1978 nach einem Konzept der autonomen Frauenbewegung, unterstützt wurde das Projekt von der SPÖ-Stadträtin und späteren Frauenministerin Johanna Dohnal. Gesetzliche Maßnahmen ließen hingegen noch auf sich warten. 1989 kam es im Zuge der Strafrechtsreform zu wesentlichen Änderungen bezogen auf den Tatbestand der Vergewaltigung. Tatbestand und Strafausmaß waren von nun an nicht mehr vom Verhalten des Opfers, der Widerstandsleistung, sondern vom Verhalten des Täters abhängig; Vergewaltigung innerhalb einer Ehe wurde von nun an ebenso unter Strafe gestellt.
Im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen bestand ein reger – und zum Teil konfliktreicher – Austausch zwischen autonomer Frauenbewegung und institutionalisierter Frauenpolitik. Auch die internationale Vernetzung wurde von Fraueninitiativen weltweit vorangetrieben. Bei der Menschenrechtskonferenz der Vereinten Nationen im Jahr 1993 in Wien war auf ihr Bestreben hin Gewalt gegen Frauen ein zentrales Thema, Gewalttaten an Frauen wurden als Menschenrechtsverletzungen anerkannt.
1994 initiierte Johanna Dohnal die Gründung einer interministeriellen Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Maßnahmen gegen Gewalt in der Familie. Das entwickelte Gewaltschutzgesetz trat 1997 in Kraft, in Zuge dessen entstanden Interventionsstellen gegen familiäre Gewalt in allen Bundesländern Österreichs. Außerdem beinhaltete das Gesetz die polizeiliche Wegweisung des Täters aus der Wohnung des Opfers für zehn Tage und die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Einstweiligen Verfügung. In den folgenden Jahren wurde das Gesetz in Teilbereichen geändert und verbessert, 2009 trat schließlich das Zweite Gewaltschutzgesetz in Kraft, das unter anderem die „fortgesetzte Gewaltausübung“ unter Strafe stellte.
Seit 1981 wird am 25. November weltweit der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ begangen, im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt“ finden jährlich zahlreiche Aktionen von Gewaltschutzeinrichtungen, frauenpolitischen Akteurinnen* und autonomen Feministinnen* statt, die auf Gewalt gegen Frauen* hinweisen und internationale Solidarität in den Vordergrund rücken. In Österreich ist jede fünfte Frau in ihrem Leben von Gewalt in einer Beziehung betroffen. Entgegen zahlreicher Mythen findet Gewalt gegen Frauen und Mädchen überwiegend im direkten Umfeld statt – 90 Prozent aller Gewalttaten werden nach Schätzungen der Polizei in der Familie und im sozialen Nahraum ausgeübt.