CategoryGewalt

In den Medien

I

Soldatinnen werden beim österreichischen Bundesheer gemobbt – zu diesem Resultat kommt eine Studie der Technischen Universität Wien. Seit 1998 sind 838 Frauen in das Heer aufgenommen worden, mehr als die Hälfte hat das Handtuch geworfen. Über 400 Soldatinnen und Soldaten wurden befragt, rund 20 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer sind „Mobbingopfer“. Link

Am Wochenende hat die 15. Wiener Regenbogenparade stattgefunden. Links zu Fotos und Berichten hat die HOSI Wien gesammelt: Link

In Österreich wird derzeit über eine mögliche „gemeinsame Obsorge“ diskutiert. „Aufstand der Scheidungsväter“ ist am Mittwoch das Thema des Club 2. 7. Juli, 23 Uhr, ORF 2. Link

Einen ausführlichen Bericht über die Enquete „Konflikten konstruktiv begegnen – Aktuelle Herausforderungen im Familienrecht (Obsorge und Unterhalt)“, die dazu im Parlament stattgefunden hat, gibt es auf diestandard.at.

Quoten motivieren Frauen, wollen Forscher_innen an der Universität Innsbruck in einem wissenschaftlichen Experiment  herausgefunden haben. „Positive Diskriminierung“ und Frauenquoten seien besonders gut geeignet, Frauen zu mehr Wettbewerbsorientierung im Arbeitsleben zu motivieren, so Studienautor Matthias Sutter. Link

„Weil Lesben und Schwule in Österreich – im Gegensatz zu anderen Minderheiten – nur unzureichend gegen Verhetzung und Diskriminierung geschützt sind“, klagen nun acht Frauen und Männer beim Verfassungsgerichtshof. Klägerin Michaele Tulipan hat etwa als Rechtsanwältin einen Großkunden verloren, weil sie sich öffentlich für Schwulen- und Lesbenrechte einsetzte. Die geltenden Gesetzte in Österreich schützen zwar gegen Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und ethnischer Herkunft, nicht aber aufgrund der sexuellen Orientierung. Dagegen wollen die Kläger_innen (unter anderem der Grüne Gemeinderat Marco Schreuder und RKL-Präsident Helmut Graupner) nun ankämpfen. Link

Brutal zynisch

B

Verträgt sich Schönheit mit fußballerischer Männlichkeit? Nicht, wenn es nach Sportjournalist Javier Caceres geht. „Das dürfte dem spiegelfixierten Ronaldo fast so gut gefallen wie die tägliche, unermüdliche Arbeit an den Bauchmuskeln“, feixt der Korrespondent der Süddeutschen Zeitung im Spieler-Porträt. Unter dem Titel Wenn die Fingernägel leiden.

Ab sofort können wieder animierte Kurzfilme für das „Tricky Women“ Festival eingereicht werden. Das Festival wird vom 10. – 14. März in Wien stattfinden, Einsendeschluss ist der 30. Oktober 2010. Link

Das Budget für Gewaltschutzzentren in Österreich wurde um 200.000 Euro aufgestockt – darauf einigten sich Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Innenministerin Maria Fekter am Donnerstag. Zuvor war Maria Fekter mit einer anderen Meldung in den Medien prominent vertreten. Auf die Tatsache hin, dass die Familie Zogaj nach dem entgültigen Bescheid des Verfassungsgerichts hin nun Österreich verlassen muss, vermekte Fekter gegenüber einem Journalisten, dass Arigona Zogaj durch eine Heirat eines Tages nach Österreich zurückkehren könne. Doris Bures hingegen verwies auf die Möglichkeit, einen Pflegeberuf zu erlernen.

Fußball, Fußball, Fußball

F

Neuigkeiten abseits der Fußball-WM:

Der Quotenantrag der SPÖ-Frauen wurde auf dem gestrigen Bundesparteitag der Sozialdemokrat_innen einstimmig beschlossen: Ab sofort gilt das Reißverschlussprinzip. Bei der Erstellung von Listen rückt also hinter jeden Mann eine Frau und umgekehrt, somit sollen Frauen trotz 40 Prozent Quote nicht mehr auf den hintersten Plätzen landen. Blog Heinisch-Hosek

Ob lesbische Paare gute Eltern abgeben, haben in den USA Wissenschafter_innen untersucht. Die „interessante“ Fragestellung: „Kinder aus homosexuellen Familien (zeigen) eine geringere Tendenz zu aggressivem Verhalten und schneiden bei Wissenstests besser ab. In medizinischer Hinsicht bestehen hingegen keine Unterschiede.“ ORF Science

Und: Die Fußball-Weltmeisterschaft ist in vollem Gange, neben wochenlangem Mitfiebern und Entspannen bedeutet das auch jede Menge sexistische Werbung und interessante Diskussionsrunden zum Thema Fußball. Fußball ist nämlich zum beliebten Thema der Sozialwissenschafter_innen avanciert: Auf dem Rasen und in der Kabine werden die Inszenierung von Geschlecht, männliche Rituale, Homophobie und Sexismus erforscht. Ans Herz gelegt sei euch etwa die Publikation von Eva Kreisky und Georg Spitaler: Arena der Männlichkeit: Über das Verhältnis von Fußball und Geschlecht

Im Vorfeld der Europameisterschaft 2008 in Österreich hat Eva Kreisky ihre Thesen auch bei einer Konferenz an der Uni Wien vorgestellt – nachzulesen im Archiv des EM-Blogs „Kick08„. Auf „Kick08“ – wo ich selbst mitgearbeitet habe – sind auch andere spannende Beiträge zum Thema Fußball und Geschlecht zu finden. Zum Beispiel hier, hier und hier.

Gastgeberland ist in diesem Jahr Südafrika. Ein besonders grausames Detail: Dort ist es statistisch gesehen wahrscheinlicher, dass eine Frau vergewaltigt wird, als dass sie lesen lernt. Beitrag in der ORF TV-Thek

Morgen in Berlin: Fußball und Homophie, Humboldt-Universität zu Berlin
Interessante Beitrage zum Thema Fußball hat auch die Mädchenmannschaft gesammelt

Wochenschau

W

In „Zum Mann gehätschelt. Zum Mann gedrillt“ hat die Soziologin Pinar Selek die Konstruktion von Männlichkeiten am Beispiel des Wehrdienstes in der Türkei untersucht. „Es ist jetzt wirklich nötig, diese Thematik anzusprechen. Weltweit gibt es überall Kriege, das muss ein Ende haben. Ich möchte verstehen, wie öffentliche Gewalt entsteht und warum Männer als Träger der Gewalt fungieren“, zitiert diestandard die Autorin. Bericht auf diestandard.at

Unglaubliche, bahnbrechende Erkenntnisse von der School of Economics in London: Scheidungsraten sind auffallend niedriger, wenn sich der Mann an den täglichen Pflichten wie Putzen, Einkaufen und Kinderbetreuung beteiligt. Gesehen unter anderem auf science.orf.at.

Und: „Auch Väter erkranken an Babyblues“ lautete eine Schlagzeile in der vergangenen Woche. Die Eastern Virginia Medical School hat sich dem unerforschten Gebiet angenommen.

Erneute Horror-Meldungen aus asiatischen Fabriken: Ein chinesischer Reporter hat in Wallraff-Manier im chinesischen Konzern Foxconn – wo iPhone und Co hergestellt werden – undercover recherchiert. Ein Bericht über die unglaublichen Bedingungen für die Arbeiter_innen, der zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anregt: Link

Zum Abschluss etwas Erfreuliches: Ein genialer Spot, in dem die Bronte-Schwestern als Action-Figuren gegen Diskriminierung kämpfen. Solches Spielzeug sollte Mattel doch mal wirklich herstellen. (Gefunden auf der Mädchenmannschaft)

Alles über die Frauen, Teil 1

A

Am vergangenen Wochende habe ich in der Bibliothek meiner Lieblings-Niederösterreicher_innen gestöbert und kurzerhand sind mir zwei Buchrücken ins Auge gesprungen: „Alles über Frauen“ und „Alles über Männer“ verstaubten da in der obersten Reihe eines Regals. Schon die Titel verhießen mir Schlimmes – aber es sollte noch schlimmer kommen. Weihnachten 1964 hatten sie die Bücher geschenkt bekommen, 1961 wurden sie von einem gewissen Joseph H. Peck, einem amerikanischen Gynäkologen, veröffentlicht. Nachdem dieser Mister Peck einige Jahrzehnte als „Arzt der Frauen“ praktiziert hatte, beschloss er also, sein umfassendes Wissen – da er die Frauen so liebe – der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Schon unglaublich, was so alles (straffrei) publiziert werden durfte und unsere Eltern / Großeltern als heitere Lektüre unter ihrem Weihnachtsbaum fanden. Das Buch ist eine schier unerschöpfliche Quelle von Vorurteilen, Stereotypen und Sexismen, die in den 60er Jahren noch sehr explizit ausformuliert wurden – aber im Grunde (in modifizierter Form) bis heute überlebt haben. Hier einige Auszüge aus „Alles über die Frauen“ (Originaltitel: „Life With Women – And How To Survive It„) – aus den ersten Kapiteln, die das Heranwachsen von Mädchen behandeln:

Um sich der „weiblichen Natur“ anzunähern, schlägt der Gynäkologe eine Entbindungsstation als geeigneten Ort vor, dort, wo sich die Frau „ihrer ureigensten Funktion hingibt“:

„Eine Frau, die diesem Gottgewollten zum erstenmal unterworfen ist und nun, mit tiefer liegendem Kopf, fest angeschnallt auf dem Entbindungstisch liegt, mag sich wohl wie ein Opfer vorkommen, das vom Hohenpriester und seinen Priesterinnen (…) dargebracht werden soll. Aber schon die Bibel sagt: ‚Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären.'“

„Sie hat eine rasche Auffassungsgabe und ein gutes Gedächtnis und nimmt es in bezug auf Bildungsfähigkeit mit jedem Mann auf. Doch je mehr sie lernt, desto mehr geht von ihren weiblichen Instinkten verloren, und es scheint, daß sie mit jedem Fortschritt in der Bildung auch an Weiblichkeit einbüßt. Die gelehrtesten Frauen sind deshalb oft die armseligsten Mütter.“

„Vom dritten Lebensjahr an bereitet sich das Mädchen auf die Mutterschaft vor, indem es mit Puppen und Puppenhäuschen spielt und die Katze mit ihren Jungen belauscht. Ihres Bruders Interessen um diese Zeit wenden sich möglichst weit von jeder Häuslichkeit ab. Er flitzt auf seinen Schlittschuhen auf dem Teich umher, (…) und wenn er schließlich doch einbricht, dann wahrscheinlich nur, weil ein Mädchen ihn geschubst hat.“

Dann folgen einige Anekdoten zur alt bekannten „Hinterlistigkeit“ der Frauen und er schildert die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das seinen Eltern erzählte, es sei vergewaltigt worden, obwohl es nur die Zeit vertrödelt hatte und der Bestrafung entgegehen wollte: „Natürlich sind dies reichlich extreme Beispiele von der Heimtücke der Mädchen (…). Auf Grund solch alberner Anschuldigungen sind schon Männer ins Gefängnis gewandert.“

„Wenn ihr liebes Töchterlein in den männlichen Sportarten allzu tüchtig ist, mag Ihnen, lieber Leser, sogleich der alte Reim in den Sinn kommen: ‚Mädchen, die pfeifen, und Hühern, die krähen, soll man beizeiten den Hals umdrehen‚. Lenken Sie deshalb ihre Aufmerksamkeit schleunigst auf Puppen und Puppenstuben, dann wird sie, indem sie der Mami zusieht, mit der Zeit dahinterkommen, daß ihre Rolle restlosen Einsatz erfordert.“

Mädchen wollen möglichst schnell erwachsen werden, schreibt der Autor weiter, doch so mancher Ehemann werde sich nach den Kindestagen der Frau sehnen, denn, im Gedanken: „damit ich sie verprügeln kann, bis sie mir die Wahrheit gesteht – und ohne daß mich anderntags gleich ihr Scheidungsanwalt anruft!“

Was passiert mit den herangereiften Mädchen, die keinen Ehemann finden? „Infolgedessen gibt es eine Menge später Mädchen und energisch berufstätiger Frauen, die einspännig herumlaufen, sich selber nicht leiden können und mit ihrem unerfüllten Leben die Ärzte plagen.“

Fortsetzung folgt…

Listige Frauen

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In der letzten Vorlesungseinheit zum Thema „Wie sozial ist wissenschaftliches Wissen?“ haben wir uns über die Erforschung des weiblichen Gehirns unterhalten. Und da wurde etwa im 19. Jahrhundert festgestellt, dass Frauen besonders „listig“ seien (wenn schon nicht schöpferisch und genial). Im 21. Jahrhundert sind dafür offensichtlich die Hormone verantwortlich:

Männer sind wegen des höheren Testosteronspiegels generell leichter zu reizen als Frauen, diese bleiben viel länger besonnen. Ein Mann benutzt viel leichter rohe Gewalt, Frauen agieren hingegen gerne mit List, erläutert Kriminalpsychologe Hauptmann.“
Das ist heute unter dem Titel „Männliche“ und „weibliche“ Verbrechen auf orf.at zu lesen. Link

Missbrauch, Kirche, Macht

M

Sexueller Missbrauch und Macht sind untrennbar miteinander verbunden. „Sexueller Mißbrauch ist Gewalt in Machtstrukturen und kein Sex. Deshalb ist die Frage nach sexueller Gewalt nicht nur, aber zu aller erst, eine Frage nach der Macht“, schreibt Bastian Dietz im Leserartikel auf Zeit Online. Insofern bieten hierarchische Institutionen wie die Kirche, Schulen, Internate – und nicht zuletzt, sondern zu allererst die Familie –  den Nährboden für (sexuelle) Gewalt gegen Frauen und Kinder, die auf Machtmissbrauch beruht.

In den unzähligen Medienberichten, die derzeit zu diesem Thema auftauchen, wird jedoch häufig mit Stereotypen gearbeitet, die die kriminellen Handlungen in einen falschen Kontext stellen oder haarsträubende Schlüsse nahelegen. Der Standard Online berichtete heute über Vorwürfe der psychischen und körperlichen Gewaltausübung bei den Florianer Sängerknaben in Oberösterreich: „Schläge, stundenlanges Stehen in der Ecke oder Knien vor dem Pult, wenn man geschwätzt habe. In den Unterkünften hätten ‚lagerähnliche‘ Zustände geherrscht“.

Und weiter wird aus der APA-Meldung zitiert:

„Der Präfekt habe die Kinder aber nie sexuell belästigt, denn er habe eine Freundin gehabt.“

Der Artikel erzählt uns also, dass der betroffene Geistliche die Sängerknaben nur deshalb nicht sexuell belästigt habe, weil er sich in einer (heterosexuellen) Beziehung befindet und es deshalb offensichtlich nicht nötig hat, seine „sexuellen Triebe“ an den Kindern zu befriedigen. In einem solchen Satz sind verschiedene Vorstellungen von Sexualität und Geschlecht zu finden. Er zeichnet das Bild eines Mannes, der über einen „unzügelbaren“ Sexualtrieb verfügt und diesen an einem Objekt befriedigen muss, sei es eine Frau, oder eben ein Kind. Eine solche Vorstellung passt ebenso zu der Forderung, das kirchliche Zölibat abzuschaffen, um Kindesmissbrauch zu verhindern. Der Täter (es gibt natürlich auch einzelne Täterinnen, doch ich beziehe mich hier auf eine Vorstellung, die üblicherweise Männern zugeschrieben wird) wird so zum Opfer seiner Triebe stilisiert – eine solche Argumentation tritt auch in anderen Zusammenhängen auf: Immer wieder stoße ich auf die Aussage, dass Frauen die Prostitution zugute komme, da die Freier ohne die Möglichkeit des käuflichen Sex andere Frauen (Nicht-Prostituierte) vergewaltigen würden.
Auch wenn das Zölibat, wie Psycholog_innen anmerken, eine gestörte sexuelle Entwicklung begünstigen kann, würde dessen Abschaffung das Problem des sexuellen (Macht-)Missbrauchs wohl kaum aus der Welt schaffen.

Zugleich werden Frauen in einer solchen Vorstellung zu Objekten der sexuellen Erfüllung:  Der Artikel suggiert, dass die Freundin des Präfekten aufgrund ihrer sexuellen Beziehung zum Betroffenen seine „Triebenergie“ auf sich lenken und somit einen möglichen Kindesmissbrauch verhindern konnte.

Missbrauch und Gewalt, die sich gegen Schwächere richtet, ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das schon die Frauenbewegung der 70er Jahre zu einem ihrer wichtigsten Anliegen machte. Es muss als ein strukturelles Problem erkannt werden – ob in der Familie oder innerhalb der katholischen Kirche, die sich noch lange mit Machtmissbrauch, Hierarchie und Unterdrückung der Frauen auseinander zu setzen haben wird.

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