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Postcards from America #2

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Ich bin in New York angekommen. In Brooklyn, Naehe Park Slope, ein sehr nettes Viertel, Brooklyn Brownstone, wenn auch klassisches Opfer der Gentrifizierung. Ein wenig wie der Prenzlauer Berg, nur mit etwas mehr Charme.

In New York ist der Herbst noch nicht angekommen, ich geniesse (sic) einen lauen Restsommertag vor dem Labour Day, halb Brooklyn treibt sich im Prospect Park herum, grillt, joggt, heiratet oder sonnt sich auf den schier endlosen Gruenflaechen. Etwas erinnert mich an Stockholm: Im Gegensatz zu Oesterreich sind viele Vaeter mit Kleinkindern zu sehen, auch wenn Mama nicht dabei ist. (Nun gut, Brooklyn ist nicht unbedingt repraesentativ fuer die Vereinigten Staaten.)

Auf dem Nachhauseweg ist mir die „Gay City News“ ins Auge gesprungen. Neben politischer und gesellschaftlicher Berichterstattung gibt es in der Gratiszeitung („Serving Gay, Lesbian, Bi and Transgendered New York“) Veranstaltungstipps fuer jeweils 14 Tage im Voraus – von Theater und Performance bishin zu Party, Ausstellungen oder Festivals. „Gay City News“ gibt es natuerlich auch online: Link

Liberal Nipples

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Die amerikanische News-Website Huffington Post, die sich als liberales/progressives Medium versteht, ist vermutlich den meisten Leser_innen bekannt. Zwischen politischen Kommentaren und ökonomischen Analysen finden sich dort auf der Startseite stehts halbnackte Frauen – diese sexistische „Linkbait“ – Strategie kritisiert Feminist Frequency im aktuellen VLog:

Neue Studien, alte Erkenntnisse

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Eine Studie der Statistik Austria zum Thema Hausarbeit liefert wenig überraschende Ergebnisse: Österreichische Frauen erledigen mehr Hausarbeit als Männer und widmen sich häufiger den unangenehmeren Tätigkeiten wie Putzen und Bügeln. 8000 Männer und Frauen hatten für diese Studie ein Jahr lang ihre täglichen Tätigkeiten aufgelistet. Die beliebtesten Aufgaben bei den Männern sind Einkaufen und mit den Kindern spielen. Link , Kommentar der Denkwerkstatt zum Thema Hausarbeit

Die Biochemikerin Margarete Maurer ist eine Pionierin der feministischen Forschung in den Naturwissenschaften. Im Interview mit Ö1 / orf.science spricht sie über ihr Verständnis von Feminismus und Geschlechterstereotype in den „Hard Sciences“: Link

Erich Lehner, Psychologe und Theologe hat diestandard.at ein Interview gegeben – er spricht über sein Engagement in der Männlichkeitsforschung und die aktuelle Väter-Debatte: Link

Der Rechtsstreit um die Töchter in der österreichischen Bundeshymne ist entschieden: Der Texteingriff der Werbeagentur, die die Kampagne für das Unterrichtsministerium gestaltete (die Denkwerkstatt berichtete), ist zulässig. Wenn von Söhnen und Töchtern gesprochen wird, so sei das „eine zeitgemäße, die primären Adressaten der Kampagnen ansprechende abgewandelte Fassung.“

Wie das Thema Hausarbeit in Partnerschaften auf Fox News verhandelt wird, seht ihr hier:

Sommergespräche: Brustvergrößerungen als Frauenpolitik

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Sommergespräche führt nicht nur der ORF, auch in der Tageszeitung Standard werden alljährlich Persönlichkeiten aus der  Politik mit diversen Prominenten zusammen an den Tisch gesetzt. So auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Schon zum zweiten Mal war sie nun geladen und während die Redaktion ihr im vergangenen Jahr Castingshow-Model Larissa Marold gegenüberstellte, war es diesmal Schönheitschirurg Artur Worseg. Josef Pröll, Maria Fekter oder Beatrix Karl diskutierten hingegen mit Künstler_innen, Wissenschafter_innen und Unternehmer_innen. Frauenpolitik hat also irgendwie mit Brustvergrößerungen, Fettabsaugungen und der Sehnsucht nach 3 Minuten Ruhm zu tun, sagt uns der Standard. Und schon die Einstiegsfrage vermittelt diese Haltung auf amüsante Weise: „Frau Minister, im Ästhetic-Center von Artur Worseg legen sich jährlich hunderte Frauen unters Messer, um schöner, fitter, jünger zu wirken. Hat damit der Feminismus nicht krass versagt?“

Ja, die Frauen, für die sich Heinisch-Hosek und die anderen Feministinnen da abstrampeln, wollen in Wirklichkeit doch nur eines, nämlich schön und schlank sein. Um das Ganze noch  zu präzisieren, legt die Standard-Redakteurin nach: „Frauen lassen sich Fett absaugen, Cellulite wegtherapieren, dafür Implantate einsetzen, Make-up tätowieren“. Männer sind da nicht so blöd, die lassen nicht an sich herumdoktern. Ein Umstand, den Worseg mit intelligenter Tiefenschärfe analysiert: „Weil hierzulande noch immer der Ausspruch der Tante Jolesch gilt: „Alles, was ein Mann schöner ist als ein Aff, ist Luxus.“ Die meisten Männer, die zu mir kommen, sind Zuwanderer. Das sind sehr eitle Männer, die gerne zum Friseur gehen.“

Mehr noch, der Schönheitschirurg outet sich als Hobby-Psychologe und „Frauenversteher“: „Ihr Gatte hat etwa seit Jahren eine Freundin. Oder er greift sie nicht mehr an. Da besteht dann oft die Hoffnung: Nach der Operation schaut er mich sicher wieder an.“ Heinisch-Hoseks Bemühungen, dem Gespräch so etwas wie Niveau zu verleihen, werden von Worseg mit vollem Eifer bekämpft: „Sie haben sich ja auch schon einmal massiv gegen die Verlosung einer Brust-OP in einer Diskothek eingesetzt. Damals habe ich mir gedacht: Was spielt sich denn bitte sonst noch alles in so einer typischen Land-Disco ab? Alkohol-gelage, Drogenverkauf, Schlägereien. Nahezu jede zweite Familie hat ein Kind zu beklagen, weil es im Auto mit Angesoffenen heimfahren wollte.“

Nachdem die Standard-Redakteurin nachfragt, wie schön Frauen im Beruf sein müssen und wie wichtig physische Attraktivität für Politikerinnen sei, gibt Worseg sein Highlight zum Besten: „Mir fällt aber auf, dass am Beginn der Frauenbewegung die Vertreterinnen eher Mann-Frauen waren. Vom Gehabe her, auch vom Aussehen. Heute sind die Politikerinnen richtige Frau-Frauen. Sie schauen gut aus und haben alle weiblichen Attribute.“ Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte es Heinisch-Hosek wohl niemand übel nehmen können, wenn sie das Gespräch abgebrochen hätte. Dann wären ihr die restlichen Weisheiten über Männer als schlechte Hemden-Bügler und Mädchen, die ja doch nur Friseurinnen werden wollen, erspart geblieben.

Wie schon im vergangenen Jahr (wo es hauptsächlich darum ging, dass junge Frauen doch alles mit sich machen lassen, um reich und berühmt zu werden) ist auch das Sommergespräch 2010 mit Heinisch-Hosek ein Armutszeugnis für den Standard. Wie jede andere Politikerin und jeder andere Politiker hätte es die Frauenministerin verdient, über ihre politische Arbeit und ihre Anliegen sprechen zu dürfen, anstatt von Schönheitschirurgen und Casting-Models ins Lächerliche gezogen zu werden.

In den Medien

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Zur Obsorge-Debatte: In Deutschland wird ein neues Gesetz vorbereitet, unverheiratete Väter werden nun gleichgestellt, indem die automatische Bevorzugung unverheirateter Mütter fällt. Väter können nun ohne Zustimmung der Mutter eine gemeinsame Obsorge beantragen. Kommentare zur angeblichen „Willkür der Mutter“ und biologischen Definitionen von Vaterschaft gibt es auf der Mädchenmannschaft und bei Antje Schrupp.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat auch in Österreich für Schlagzeilen gesorgt. Während Justizministerin Bandion-Ortner hierzulande eine ähnliche Regelung erwirken möchte, spricht sich Frauenministerin Heinisch-Hosek nach wie vor gegen eine gemeinsame Obsorge aus.

Gute Nachrichten aus Kalifornien: Das Verbot der Ehe für homosexuelle Menschen ist aufgehoben worden, Bundesrichter Walker erklärte es für diskriminierend und damit verfassungswidrig. Eine wie immer brilliante Auseinandersetzung mit den entsetzten Reaktionen der Konservativen gibt es bei Stephen Colbert.

Die Netzneutralität ist in Gefahr: Nachdem Details über Kooperationen zwischen Google und Verizon bekannt wurden, wird nun eine von bestimmten Anbietern finanzierte bevorzugte Datenübertragung befürchtet. „Im Kern geht es aber darum, dass Google seine Daten schneller zu den Kunden bringen will und bereit ist, dafür zu bezahlen. Das allerdings bedroht die Netzneutralität, die neben der Dezentralisierung eines der beiden Basisprinzipien der Internets ist“, so Zeit Online. Eine Petition für die Netzneutralität kann bereits online unterzeichnet werden: Link , auf der Mädchenmannschaft gibt es einen Kommentar zu Netzpolitik im feministischen Kontext.

Die überflüssigste wissenschaftliche Studie der Woche ist auf ORF Science zu finden: „Männer in Rot ziehen Frauen stärker an.“
Der doofste Werbespot kommt diesmal von „Kornland“:

Sexismus – Die Hirter-Debatte

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Das „Fasstypen-Plakat“ der Hirter-Brauerei (die Denkwerkstatt hatte den ersten Bericht) hat Wellen geschlagen. Es wird gemunkelt, es handle sich dabei um eine Sommerloch-Debatte, doch immerhin haben sich mittlerweile zahlreiche Journalist_innen und sogar Politikerinnen mit der Werbung auseinandergesetzt. Trotz aller Proteste wurde Hirter-Bier jedoch vom Werberat nur zu zukünftiger Sensibilisierung aufgefordert, eine Verurteilung erfolgte nicht.

Frauenstadträtin Sandra Frauenberger meldete sich etwa in der Debatte zu Wort – eine Selbstkontrolle der Werbewirtschaft sei nicht ausreichend, eine bundesweite Regelung zur Eindämmung sexistischer Werbung hingegen wünschenswert. Schützenhilfe kommt dabei von Maggie Jansenberger, Leiterin der Watchgroup gegen sexistische Werbung in Graz.  Auf der Website der Watchgroup werden sexistische Darstellungen in der Werbung gesammelt, Beschwerden an den Werberat können per Formular verschickt werden. Auch auf Wien.at stehen mittlerweile zwei Musterbriefe zum Download, die eine Beschwerde bei Unternehmen oder dem Werberat erleichtern sollen.

Michael Schmid fragt sich auf FM4.at, ob hinter einer sexistischen Werbekampagne nicht das bewusste Kalkül der Marketing-Abteilung steckt: „Mehr noch, der Protest ist längst Teil der Marketingstrategie geworden: Virales Marketing mit primitivsten Sexismen im Zeitalter der Aufmerksamkeits-Ökonomie. Dort, wo früher Kredibilität im Vordergrund stand und über Jahre am positiven Image von Marken gebastelt wurde, regiert jetzt die Aufmerksamkeit allein. Und mit allen Mitteln, denn Protest verkauft sich in den Köpfen der Werbeindustrie offensichtlich ähnlich gut wie Sex.“

Tatsächlich reihten sich in den vergangenen Tagen Hirter-Werbespots auffallend oft in die Werbeschleife von Supermarkt-Radios. Hirter ist im Gespräch. Und auf der Website des Unternehmens wird bereits nach den männlichen Fasstypen gesucht: „Egal, ob Morchl, 1270 oder Pils – egal ob Glas oder Flasche – wichtig ist nur: schick uns ein Foto mit dem Hirter Bier, von dem du glaubst, dass es genau dein Typ ist. Es ist auch möglich, dass du gemeinsam mit deinen Freunden – genau wie die Dirndl`n auf unserem Plakat – eine Hirter-Fasstypen Gruppe bildest. Hauptsache, es macht durstig, ist lustig und passt zu unseren Hirter Fasstypen!“, ist da zu lesen. Das klingt nicht so, als ob sich die Gegenstücke zu den lustigen „Dirndl’n“ bis aufs Bierglas entblößen müssten.

Auf FM4 wurde auch eine Diskussionsrunde zum Thema (zum Nachhören: Link) gestartet – entsprechende Reaktionen waren vorprogrammiert. Er könne nicht verstehen, wer bei einer solchen Werbung konkret beleidigt oder verletzt würde, meinte etwa ein Anrufer. Und überhaupt seien es einmal wieder die politisch Überkorrekten, die hier einen künstlichen Aufschrei erzeugen. Nicht zuletzt gebe es viele andere Werbungen, die weitaus schlimmer seien. Nun, dem kann man/frau eigentlich nur zustimmen: Immer wieder übertrifft ein sexistischer Werbespot den anderen – doch keiner steht alleine für sich in einem luftleeren Raum. Werbung passiert innerhalb der Gesellschaft und rekurriert auf kollektives Wissen. Das Hirter-Plakat etwa aktualisiert unser Wissen, dass Frauen Objekte der Begierde sind, ihre nackten Körper sind das untrügerische Zeichen (der Signifikant) dafür. Dabei bildet es nur einen kleinen Baustein im System sexistischer Darstellungen, die eine entsprechende Ordnung  am Leben erhalten. „Men look at women; women watch themselves being looked at“, schrieb etwa John Berger. Oder anders gesprochen: „The Gaze is not about desire. It is about power.“

Hirter Bier kann übrigens nicht nur tolle Plakate, sondern noch tollere Werbespots inszenieren:

Burka, Wehrpflicht und Co

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Ein Kleidungsstück, das in Europa nur von sehr wenigen Frauen getragen wird, löst heftige Debatten aus: die Burka. Nach einem kürzlich beschlossenen Verbot in Frankreich und auch Belgien meldet sich alles, was Rang und Namen hat, zu Wort. Alice Schwarzer spricht sich (wie zu erwarten) für ein Burka-Verbot aus: Link. Die Kulturwissenschafterin Gabriele Dietze gibt in einem diestandard-Interview interessante Einblicke in die Hintergründe der Debatte: Link. Weitere Kommentare hat die Mädchenmannschaft gesammelt.

Bundespräsident Heinz Fischer hat jüngst in einem Interview mit den Vorarlberger Nachrichten verlauten lassen, dass eine Wehrpflicht für Frauen aus seiner Sicht denkbar wäre. „Wenn Frauen irgendwann den Männern voll gleichgestellt seien, etwa bei den Löhnen, könne man über eine Wehrpflicht für Frauen nachdenken, allerdings langfristig“, meint dazu Norbert Darabos. (In diesem Fall würde uns in den nächsten zwei-, dreihundert Jahren wohl keine Frauen-Wehrpflicht bevorstehen.) Gabriele Heinisch-Hosek kann sich die Wehrpflicht „am Ende des Weges“ einer Gleichstellung vorstellen. Ähnlich, aber mit anderem Schwerpunkt, hat die Frauenministerin das im Denkwerkstatt-Interview formuliert: Link.

Noch bis morgen steht Wien ganz im Zeichen der internationalen Aids-Konferenz. Diestandard.at berichtete gestern über eine Pressekonferenz, die von Sexarbeiterinnen gestürmt wurde, im Standard findet sich ein Bericht zu einem neu entwickelten Vaginal-Gel, das Frauen vor HIV-Infektionen schützen soll. Weitere Berichte gibt es hier.

Ein unglaublich peinliches, sexistisches und rassistisches Interview hat Eugen Freund mit der Halbschwester von Barack Obama geführt. Das Gespräch mit Auma Obama hätte der ORF wohl lieber nicht senden sollen. Nachzusehen in der ORF-TvThek

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