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Macho-Land Österreich

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„Macho-Land Österreich“ titelt das Nachrichtenmagazin „Profil“ in der aktuellen Ausgabe. Eva Linsinger und Edith Meinhart berichten, warum Österreich und Gleichberechtigung nicht zusammen passen: „Macho-Paradies Österreich: Die Gehaltsschere ist größer als im Rest der EU, die Zahl der Frauen in Führungsfunktionen sinkt, statt zu steigen. Das Land fällt immer weiter zurück – und niemand redet darüber.“
Armin Wolf merkt dazu per Twitter an: „Worüber dürfen die Frauen (im Profil) schreiben: Society (Raftl) und Frauen (Hammerl). Innen- u. Außenpolitik, Wirtschaft, Kultur: alles Männersache …“

Wie die Kronen Zeitung gestern berichtete, möchte der Verein „Arbeitslosenmafia“ bei der Wiener Wahl im Herbst antreten und seine Spitzenkandidatin angeblich per Miss-Wahl finden. Die „Miss Gemeinderat“ soll am 30. April gekürt werden. Das Anforderungsprofil: „Mindestens 20 Jahre alt, gute Umgangsformen, hohes Allgemeinwissen und österreichische Staatsbürgerschaft“.

Diestandard.at feiert am 8. März den 10. Geburtstag. Mit Podiumsdiskussion, Empfang und DJ-Kollektiv. Die Feier wird nicht öffentlich sein, diestandard verlost aber 10×2 Freikarten. Zum Gewinnspiel.

Veranstaltungshinweis

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Am Mittwoch, den 24. Februar 2010 veranstaltet Radio Ö1 die Diskussionsrunde „Im Klartext: Das Vermächtnis der Johanna D.
Zu Gast sind: Gabriele Heinisch-Hosek, Maria Rauch-Kallat, Elfriede Hammerl und Renée Schröder.
Beginn: 18.15 Uhr im Großen Sendesaal des RadioKulturhauses, Eintritt frei. Die Veranstaltung wird ab 18.30 Uhr live in Ö1 gesendet. Link

In der ORF-TVthek ist derzeit noch das „Menschen&Mächte“ Spezial zum Tod von Johanna Dohnal zu sehen. „In Memoriam: Johanna Dohnal“

A****f*** im Hauptabendprogramm

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Bushido ist in der „gesellschaftlichen Mitte“ angekommen. Der Rapper war bereits in unzähligen Talkshows zu Gast, lacht von der „Bravo“-Titelseite und wird auf Jugendsendern mit Preisen überhäuft; zuletzt entschied sich Bernd Eichinger dafür, seine Lebensgeschichte in Spielfilmlänge zu erzählen. Nach der Wiener Filmpremiere des entstandenen Werks „Zeiten ändern dich“ wurde Bushido vergangenen Freitag auch  in der österreichischen „ZIB 24“ als „Deutschlands bester Rapper“ im Nachrichtenstudio begrüßt. Politiker wolle er werden, erzählte Bushido und gab sich wie gewohnt höflich und sachlich. „Sie haben Recht, natürlich sind die Sachen, die ich mir in der Vergangenheit geleistet habe, nicht glorreich gewesen. Und wir brauchen nicht darüber reden, dass Körperverletzung oder auch Drogenkonsum natürlich illegal und auch nicht vertretbar sind“, erklärte er seine Vergangenheit und verwies auf sein Bemühen, Jugendliche vor seinen eigenen Fehlern bewahren zu wollen.

Dieses Bild des netten, biederen jungen Mannes – wie passe das überhaupt zum Image des Skandalrappers mit den deftigen Texten, fragte Moderatorin Lisa Gadenstätter gespielt provokant. Auf die „deftigen“ Texte ging sie dabei nicht näher ein, vermutlich könnte sie Zeilen wie diese gemeint haben (damit auch alle wissen, wovon hier die Rede ist, gebe ich die  Songtexte hier wieder): (Inhaltswarnung: sexualisierte Gewalt)

„Wie du in deinem Bett sitzt, halbnackt du Dr**ks***k
ich wusste das du so bist, und jeden Dreck f***t
weil du eine Frau bist und man dir in den Bauch f***t
heisst es nicht dass ich dich nicht schlage bis du blau bist.“

Oder aber:

„Ein Sch***z in den Arsch, ein Sch***z in den Mund
Ein Sch***z in die F***e, jetzt wird richtig geb***t.“

Zugegeben, abgesehen von solchen Inhalten in (bereits etwas älteren) indizierten Songs wie „Dreckstück“ fallen Bushidos Texte im Hinblick auf sexualisierte Gewalt und Frauenverachtung fast schon gemäßigt aus – im Vergleich zu seinen Rap-Kollegen. „Aggro-Berlin“ Mann Sido, der gerne bei Stefan Raab auf der Couch sitzt und vom Jugendsender VIVA mit verschiedenen Awards ausgezeichnet wurde, singt in seinem „Arschficksong“:

„Katrin hat geschrien vor Schmerz
mir hats gefallen
ich hab gelernt man kann ne Hand reinschieben
und dann ballen
ich hab experimentiert
Katrin war schockiert
sie hat nich gewusst dass der N***rdildo auch vibriert
ihr Arsch hat geblutet
und ich bin gekommen.“

Oder da wäre noch Kool Savas, der in der Bertelsmann-Kampagne „Du bist Deutschland“ für ein neues Nationalgefühl wirbt und unter anderem gegen Massentierhaltung auftritt. Auf der Bühne singt er über „Ticke Titten Enge Muschi“:

„Ich mach auf künstlich interessiert und N****n denken ich bin nett,
doch wenn ich fertig bin mit rammeln, sieht dein Loch aus wie Kotelette, F****e!
Genug gesabbelt, lass uns fi***n bis es knallt.
Steck‘ die Zunge in mein Ar******h und ich scheiss dir in den Hals.
Hoes die sagen, ich bin träge, animiere ich durch Schläge.“

Nicht nur Bushido – sexistischer Rap ist in der gesellschaftlichen Mitte angekommen. Musiker wie Bushido, Sido oder Kool Savas werden von den Medien hofiert, sie treten im Hauptabendprogramm auf, diskutieren bei Johannes B. Kerner und predigen an deutschen Schulen gegen Gewalt und Gesetzesbruch.  Und daran scheint sich kaum jemand zu stören. Darauf angesprochen, dass er Frauen in seinen Songtexten häufig als „Nutte“, „Pussy“ oder „Fotze“ bezeichnet, erklärt Bushido Johannes B. Kerner, dass er die Frauen doch eh lieben würde, schließlich sei auch seine Mutter eine Frau. „Aber Herr Kerner, wenn ich ein Konzert gebe stehen neben der Bühne zehn Frauen, die mich noch nie gesehen haben und Sex mit mir wollen, die sind doch nicht zu respektieren“, ergänzt der Rapper. Alle lachen, niemand kontert.

Bushidos Liebe zu seiner Mutter widmete sich nun auch eine erklärte Gegnerin des Musikers – Alice Schwarzer. In einem offenen Brief wendet sie sich auf ihrer Website an den Rapper. Der Hintergrund: Bushido hatte vor einigen Jahren die Einladung zu einer Talkshow, in der Alice Schwarzer Sandra Maischberger vertrat, kurzfristig abgesagt. In einem aktuellen Interview erklärte er nun noch einmal, warum er nicht mit Schwarzer sprechen wolle. „Hey, Bushido, wie waren denn die Titten damals von deiner Mutter? Als du als kleiner Junge daran gesaugt hast“, könnte ihn Schwarzer fragen und damit seinen wunden Punkt treffen. „Ey, Fotze! Fick dich ins Knie!“ – so würde Bushidos Antwort lauten.

In ihrem Brief bedient sich Schwarzer der Sprache des Rappers, bezeichnet ihn als „Muttersohn“ und spielt auf die tunesische Herkunft seines Vaters an. „Indem Schwarzer die Herkunft der Eltern betont, schafft sie es auch implizit, Gewalt zu kulturalisieren“, kritisiert Blog-Autorin Magda die Frauenrechtlerin auf mädchenmannschaft.net. Schwarzer würde Bushidos Sexismus mit Xenophobie begegnen und sich dabei selbst einer diskriminierenden Rhetorik bedienen. Es stellt sich tatsächlich die Frage, was Alice Schwarzer mit ihrem wütenden Text erreichen möchte. Macht es Sinn, sich mit Bushido auf eine Schlammschlacht einzulassen? Wohl kaum. Auch wenn sie es vielleicht tatsächlich geschafft hat, „Deutschlands Rapper Nr.1“ persönlich zu treffen, indem sie auf seine nicht ganz so „harte“ Männlichkeit, die enge Beziehung zu seiner Mutter und seinen Migrationshintergrund zielt. Ändert das etwas am Sachverhalt? Texte, die Frauen erniedrigen und sexualisierte Gewalt verherrlichen, sind (besonders in Hinblick auf die minderjährige Fangemeinschaft) inakzeptabel – egal, von wem sie vorgetragen werden.

Dennoch hat hier offensichtlich ein Prozess der Normalisierung stattgefunden – Kool Savas – Lyrics schockieren nicht mehr, sie sind zum „Style“ der „Rüpel-Rapper“ geworden. „Extrem populär, ein echtes Jugendidol“, so nennt Sony-Chef Berger Bushido. Nur dass die eigene 13-jährige Tochter sich auf den Konzerten der Rapper vergnügt – das wollen die meisten dann doch lieber nicht.

Short News

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Auf www.frauenberatenfrauen.at gibt es ab sofort eine anonyme Onlineberatung für Frauen. Schwerpunkte der Beratungsstelle sind Gewalt, Beruf und Gesundheit. Innerhalb von zwei Tagen beantworten Psychologinnen, Sozialarbeiterinnen oder Juristinnen spezifische Anliegen der Hilfesuchenden. Auch eine Beratung per Chat ist möglich, die Datenübermittlung erfolgt dabei verschlüsselt.

Die Soziologin Paula-Irene Villa spricht im Interview mit diestandard.at über aktuelle Trends und Entwicklungen im Bereich der Gender-Forschung.

Martin Reckweg, Chefredakteur von Radio Bremen, spricht mit der „Zeit“ darüber, warum er schon vor 18 Jahren in Elternzeit gegangen ist.

Sind Frauen die besseren Menschen?

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Das Ministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wirbt seit einigen Wochen für eine Bildungsreform – für den dazugehörigen TV-Spot durfte Christina Stürmer die österreichische Bundeshymne neu vertonen. Und hier wird nicht nur von den großen Söhnen („Heimat bist du großer Söhne„), sondern auch von großen Töchtern gesungen – die Aufregung war somit vorprogrammiert. Eine dementsprechende Änderung des Textes hatte 2005 schon Maria Rauch-Kallat gefordert und war am Koalitionspartner BZÖ (und dem Gegenwind aus der Bevölkerung) gescheitert. 2010 forderte nun der Sessler-Verlag, der die Erben der Dichterin Paula von Preradovic vertritt, eine Unterlassungserklärung von Stürmer und Bildungsministerin Schmied. Der Zusatz der „großen Töchter“ sei ein „Eingriff in das Persönlichkeitsurheberrecht“, begründete der Verlag.

Die folgende Medien-Resonanz wollte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek nutzen und startete ebenfalls den Versuch, eine Textänderung zu erreichen. Diesmal kam das „Nein“ von der ÖVP. „Momentan haben wir andere Probleme zu bewältigen“ und „Haben wir denn keine anderen Probleme?“ ließen mehrere Personen aus ÖVP, BZÖ und FPÖ ausrichten. Schließlich gelte es, die Wirtschaftskrise zu bewältigen und die Konjunktur anzukurbeln.

Nicht nur die Debatte um die Bundeshymne, auch die Argumente, wenn es um frauenpolitische Anliegen geht, kehren also immer wieder. Beim Verfolgen der verschiedenen Diskussionen und Medienbeiträge fallen drei spezifische Strategien auf, die dabei zur Anwendung kommen:

Das Lächerlich Machen
„Die Gender Mainstreaming Menschen sind erst zufrieden, wenn es BundeshymnIn heißt“ ist in diversen Foren österreichischer Medien zu lesen. Das Binnen-I wird gerne bei verschiedenen Gelegenheiten verwendet, um frauenpolitische Forderungen ins Lächerliche zu ziehen. Gerne auch bei der „QuotInnen-Regelung / RegelungIn“.

„Haben wir keine anderen Sorgen?“
Andere Sorgen gibt es immer: Da wäre die Wirtschaftskrise, die zunehmende Teilzeitquote, die Gehaltsschere, die Arbeitlosigkeit, die Umweltverschmutzung, die steigende Armut, der Klimawandel. Viele Politiker_innen sind permanent mit solch zentralen Dingen beschäftigt, dass keine Zeit für ein Handzeichen bei einer Abstimmung bleibt. Gerne wird das „Haben wir keine anderen Sorgen?“ auch mit dem Lächerlich Machen kombiniert. „Schön, dass die (Gender Mainstreaming) – Frauen keine anderen Sorgen haben.“

Die Überhöhnung
Die Überhöhung von Frauen ist schließlich eine der zentralsten Strategien, wenn es gilt, gegen frauenpolitische Forderungen zu argumentieren. Der österreichische TV-Sender „Puls 4“ veranstaltete vergangene Woche einen „Talk of Town“ zum Thema Töchter in der Bundeshymne und lud prominente Gäste zur Diskussion. Egal, wie man oder frau nun zu dieser Frage steht – es ist gar nicht so einfach, sachliche und schlagkräftige Argumente gegen den Text-Zusatz zu finden. Ein Gast der Sendung griff also zur emotionalen Überhöhung: Er sprach davon, dass Frauen doch „die viel besseren Menschen“ seien und es überhaupt nicht nötig hätten, durch diesen Zusatz in der Hymne erwähnt zu werden. Sie seien doch viel aufopfernder, würden jeden Tag so viel in den Familien leisten und seien wesentlich sensibler als Männer. Schließlich würde es jede Frau sofort bemerken, wenn ihr Mann sie betrügt – umgekehrt sei das nicht der Fall, so der Event-Manager.

Bei einer solchen Gelegenheit werden gerne vorbildliche Kämpferinnen für das Gute herangezogen und auf ein Podest gestellt – gleichzeitig werden damit alle anderen Frauen abgewertet: Eine Funktion der Überhöhung. Den Frauen wird dabei das Bild der guten, aufopfernden, emotionalen Mutter gezeigt – jede Abweichung von diesem wenig realen Idealbild weist die Einzelne somit auf ihren Platz der Unvollkommenheit. Wer sich dann auch noch laut für ein Anliegen in Sachen Gleichberechtigung ausspricht, bekennt sich sogleich schuldig, offensichtlich nicht zu den guten und tollen Frauen zu gehören, die jegliche (lächerliche) Forderung symbolischer Anerkennung „nicht nötig“ haben.

Auch dass den anbetungswürdigen Frauen gerne das Gegenbild der unsensiblen und unsozialen Männern gegenüber gestellt wird, scheint dabei niemanden zu stören. Und auch hier versteckt sich eine perfide rhetorische Strategie: Haben Sie schon einmal versucht, jemanden zu kritisieren, der ein Gespräch mit dem Satz: „Ja, ich weiß, ich bin eben nicht so toll / gut / moralisch / gescheit wie du“ beginnt?

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