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„Unsere neue Regierung muss einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik herbeiführen, bei uns in Österreich. Und es muss auch in Europa – besonders nach dem hundertfachen Tod vor Lampedusa – eine menschliche Flüchtlings-, Migrations- und Entwicklungspolitik eingefordert werden. Österreich soll in der EU mit Nachdruck darauf drängen und mit gutem Beispiel vorangehen!“, fordern zahlreiche Organisationen in Österreich. Die dazugehörige Petition könnt ihr noch bis zum 15. Oktober unterschreiben.

„Und leider, nach der Wahl ist vor der Wahl: Bei den derzeitigen Parteiengesprächen und bei personellen und strategischen Plankastenspielen kommen Frauenpolitik und auch das Wählerinnenverhalten nicht vor“, schreibt der österr. Frauenring in einer aktuellen Aussendung und fordert unter anderem „Regierungsverhandlungen, die Frauenpolitik explizit zum Thema machen“.

Ulli Koch hat Karin Ondas und Eva Taxacher vom feministischen Archiv „Doku Graz“ interviewt, das Ende des Jahres schließt.

Einen großartigen Beitrag gegen den sexistischen Alltag hat die Autorin Bente Varlemann beim ZDF.Kultur Poetry Slam 2013 abgeliefert.

Feminist Mum lädt am 29. Oktober zum feministischen Müttertreffen in Wien.

Warum sind „Frauen in die Technik„-Förderprogramme in Österreich nur wenig erfolgreich? Dazu habe ich Brigitte Ratzer von der TU Wien interviewt.

Im November (7.-17.11.) findet in Wien die Alternative Medienakademie statt. Alle Infos zu Programm und Anmeldung findet ihr hier.

Das feministische Magazin „an.schläge“ führt derzeit eine Leser_innenbefragung durch, unter allen Teilnehmer_innen werden tolle Preise verlost. Noch bis zum 31. Oktober mitmachen!

„Feminismus kann niemals Lifestyle sein“

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Dieses Interview mit der feministischen Ökonomin Gabriele Michalitsch ist in der September-Ausgabe der an.schläge erschienen. 

Heute ist oft von einem „neuen Feminismus“ die Rede, der die „alte“ Frauenbewegung überwunden habe. Was verbinden Sie mit dem Begriff des „neuen Feminismus“?

Was soll denn ein „neuer“ Feminismus sein?

Etwa ein Feminismus, der behauptet, mit statt gegen Männer zu arbeiten, der Individualismus und Lifestyle-Fragen betont.

Feminismus kann niemals Lifestyle sein, Feminismus ist immer politisch. Wenn die Medien eine solche Diskussion befeuern, ist das eine Form von Antifeminismus und der Versuch, den Begriff Feminismus zu vereinnahmen, ihm seine politische Relevanz abzusprechen. Feminismus war zudem nie männerfeindlich, er wurde immer auch von Männern mitgetragen. Wenn, dann wendet er sich gegen bestimmte Konzeptionen von Männlichkeit – wie auch Weiblichkeit. Wäre dieser angeblich neue Feminismus nicht Gegenstand öffentlicher Debatten, müssten wir uns erst gar nicht damit auseinandersetzen – in meinen Augen ist das eine antifeministische Strategie.

Mitunter bezeichnen sich auch konservative Politikerinnen als Feministinnen, die thematisch auf Karriereförderung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie setzen.

Wenn man trotz Kindern Karriere macht, ist das Feminismus?

Diese Frauen verwenden zumindest den Feminismus-Begriff und füllen ihn mit neuen Inhalten. Da stellt sich die Frage: Brauchen wir einen neuen Begriff, um ihn von solchen Definitionen abzugrenzen?

Nein, vielmehr müssen wir ihn verteidigen gegen solche Aushöhlungsversuche. Wenn Feminismus auf Karriere mit Kindern reduziert wird, ist das das Ende des Feminismus.

Schon seit längerem kritisieren feministische Stimmen, dass die Analyse sozialer und ökonomischer Verhältnisse zugunsten Fragen von Identität und Repräsentation verdrängt wurde. Was steckt hinter dieser Entwicklung?

Ja, das war in den vergangenen Jahrzehnten sicher der Fall. Es hat in den Geistes- und Sozialwissenschaften den „cultural“ bzw. den „linguistic turn“ gegeben. Das hat sich auch im Kontext feministischer Wissenschaften artikuliert, das hat natürlich mit gesellschaftlichen Verhältnissen zu tun und spiegelt die politischen Konjunkturen des Denkens wider. Ich meine aber, dass zurzeit die kritische Analyse eine starke Re-Ökonomisierung erfährt. Angesichts der Krise hat es hier doch eine deutliche Diskursverschiebung gegeben.

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Wahlen und Geburtstage

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Am 29. September findet in Österreich die Nationalratswahl statt. Wer in Sachen Frauenpolitik bzw. feministische Politik nach Entscheidungshilfen sucht, hier einige Tipps:

Der Österreichische Frauenring (ÖFR) hat einen Fragenkatalog an die Parteien ausgeschickt, in dem sie zu einer Reihe von frauenpolitischen Themen Stellung nehmen sollen. Die Ergebnisse findet ihr hier. Weitere Informationen gibt es auf der tollen Plattform Damenwahl.

Wienerin-Chefredakteurin Sylvia M. Steinitz hat alle SpitzenkandidatInnen der Parlamentsparteien gefragt: „Was tut ihr für die Frauen?

In Deutschland findet die Bundestagswahl bereits am 22. September statt – Entscheidungshilfen bietet der „Kandidaten-Check„.

In der aktuellen Ausgabe der an.schläge gibt es ein Interview mit Sigi Maurer (Grüne) und Katharina Kucharowits (SPÖ) zu lesen, außerdem einen Artikel über Kleinparteien (z.B. „Der Wandel„).

Apropos an.schläge: Das feministische Magazin (für das ich seit Februar arbeite) feiert 2013 seinen 30. Geburtstag! Sehr nette Glückwünsche gibt es z.B. von der Mädchenmannschaft – und ja, das Abschließen eines Abos wäre wirklich ein tolles Geburtstagsgeschenk.

Politisch korrekt

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Gerade habe ich mir den Ö1-Beitrag über Political Correctness angehört. Florian Klenk (Falter), Birgit Sauer (Uni Wien) und andere erklären darin ihre Positionen zur ungeliebten Korrektheit. Ich will jetzt gar nicht zu weit ausholen, aber drei Punkte ärgern mich ganz besonders an diesem Beitrag.

1. Da wird ziemlich viel in einen Topf geworfen. Ja, es ist sehr interessant, darüber zu diskutieren, inwieweit bestimmte Politikformen individualisiert werden, wie viel neoliberale Ideologie in Feminismen steckt und ob Frauenpolitik nicht häufig elitäre Interessen vertritt. Und ja, wie überall gibt es auch unter Linken und unter Feminist*innen Menschen, deren Botschaften nicht mit ihren Handlungen übereinstimmen. Aber nachdem ich diesen Beitrag gehört habe, bleibt der Eindruck zurück, dass Menschen, die rassistische/sexistische Sprache nicht verwenden (weil sie rassistisch/beleidigend/abwertend ist…), scheinheilig sind. Das stimmt einfach nicht.

2. Die Unmarkierten bleiben so gerne unmarkiert. „Man“ darf nicht einmal mehr das und das sagen, ist so oft (nicht nur im Beitrag) zu hören. Hinter dem „man“ stehen aber konkrete Personen und Personen, die sich dazu in den Medien äußern (können), sind meist mehrfach privilegiert. Wenn Florian Klenk davon erzählt, dass er gerne mehr Reportagen seiner „Kollegen“ darüber lesen möchte, wie es „den Chinesen“ in Wien geht, so wie das die großen Journalisten vergangener Tage getan haben, so müsste doch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass eben die großen weißen Männer da oben über die da unten berichtet haben und berichten. „Minderheiten“ (zu denen gerne auch mal Frauen gezählt werden) und „Diskriminierte“ werden benannt, die sprechenden Personen thematisieren ihre Position aber häufig nicht. Man ist man. Wenn „Wiener Eltern“ über das schlechte Schulsystem in Wien besorgt sind und ihre Kinder deshalb in teure Privatschulen schicken, sind das nicht „Wiener Eltern“, sondern Wiener Eltern, die über entsprechendes finanzielles Kapital verfügen. Wenn das aber einfach die „Wiener Eltern“ sind und „man“ (also Menschen, die nicht von Diskriminierungen betroffen sind), wird immer wieder etwas als Norm gesetzt, das nur einen kleinen Ausschnitt der Bevölkerung abbildet – alle anderen werden aus diesem „man“ ausgeschlossen. Dieser Umstand kann Journalist_innen und politisch interessierten Menschen egal sein. Aber sie sollten nicht so tun, als würde er nicht existieren.

3. Warum kann „politisch korrekte“ Sprache nicht einmal in Qualitätsmedien sachlich thematisiert werden? „Die Frage, wie eine nicht-diskriminierende Sprache, die alle miteinbezieht, aussehen soll, führt oft zu seltsamen Diskussionen. So ist das beliebte Binnen-I (z. B. die KonsumentInnen) mittlerweile bereits umstritten, weil es von der Existenz zweier klar bestimmter Geschlechter ausgeht, nämlich Mann und Frau. Da werden doch jene ausgegrenzt, die sich nicht zu einem Geschlecht bekennen wollen, so die Kritik. Und deshalb lautet die aktuelle politisch korrekte Schreibweise: Konsument_innen“, ist da auf der Website von Ö1 zu lesen. Ja, so hat der Journalist die Lacher (einer bestimmten Zielgruppe) auf seiner Seite. Diese Feministinnen, was denen alles einfällt! Sich die wissenschaftliche Argumentation dahinter anzusehen und dann sachlich zu argumentieren, warum die Gender-Gap-Schreibweise nicht zielführend ist – wäre das zu viel Aufwand? Aber das Problem ist ja, dass die politisch korrekten Menschen nur moralisieren und dabei so wenig sachlich sind.

 

Schöne neue Glitzerwelt

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Dieser Artikel ist in der Zeitschrift an.schläge erschienen. Die nächste Ausgabe der an.schläge erscheint Anfang September. Abonniert werden kann die Zeitschrift zum günstigen Preis von 35 Euro (Feministischer Journalismus braucht eure Unterstützung!).

Beauty-Bloggerinnen haben das, was vielen anderen Blogs fehlt: unglaublich viele Leserinnen. Für die Kosmetikindustrie werden sie damit zu begehrten Werbeträgerinnen.

Die Dachgeschoß-Suite im Wiener Hotel Steigenberger ist an einem Samstag im April rosa getüncht: Kosmetik-Unternehmen wie Artdeco und Paul Mitchell haben Tische mit ihren Produkten aufgebaut, Cake Pops mit rosa Schleifchen türmen sich in einer Ecke. Zwischen den Nagellack-Fläschchen und Puderdosen wurden Kerzen und Rosenblätter drapiert, überall steht Essen in Mini-Portionsgröße herum: Nudeln in der Kaffeetasse, Tiramisu im Schnapsglas. „Beauty-Blogger-Event“ nennt sich die Veranstaltung, zu der der Kosmetik-Versand Glossy Box geladen hat. Hier können sich die Bloggerinnen die Nägel lackieren oder die Haare hochstecken lassen, während ihnen PR-Beauftragte die Vorzüge der Produkte näherbringen. Auch für zuhause dürfen die Taschen mit Proben gefüllt werden. Ob sie über das Event auf ihren Blogs berichten, bleibt den Teilnehmerinnen selbst überlassen. So wird das zumindest von den Firmen stets betont. „Bloggerinnen werden bei Glossy Box genauso betreut wie Journalisten. Wir freuen uns sehr über jedes einzelne Clipping; natürlich müssen die Blogger nicht darüber berichten“, sagt Karin Igler, die beim Startup-Unternehmen arbeitet, das monatlich fünf Kosmetik-Produkte in einer rosa Box an seine Abonnentinnen schickt.

Bloggen, shoppen, backen. Beauty-Bloggerinnen haben sich zu einer wichtigen Zielgruppe für Kosmetik-Konzerne entwickelt. Sie testen ihre Produkte, zeigen auf YouTube, wie ein gelungener Lidstrich aussieht und haben vor allem eines: viele Leserinnen. Mehr als 130.000 Seitenaufrufe monatlich verzeichnet laut eigenen Angaben etwa der Beauty-Blog „Coralandmauve.at“, einer der erfolgreichsten österreichischen Lifestyle-Blogs, „Mangobluete.com“, wird bis zu neun Millionen Mal pro Monat angeklickt.

Während die Blogger_innen-Landschaft insgesamt in Österreich eher trist aussieht, sind in den vergangenen Jahren viele neue Beauty-, Mode- und Lifestyle-Blogs aufgekommen. „Um 2006 entstanden die ersten deutschsprachigen Modeblogs, in Österreich gab es da eigentlich nur mich und wenig später ,Stylekingdom.com‘. Bei einem ersten Treffen in Wien waren wir zehn Bloggerinnen, die sich eigentlich sehr voneinander unterschieden haben. Es gab künstlerisch-universitäre Projektblogs, Streetwear-Fotografie und alle möglichen Kombinationen aus Mode, Musik, Reisen, Events, Nachhaltigkeit. Über Kosmetik hat da eigentlich noch kaum jemand geschrieben, auch nicht über Kochen oder Kuchen backen“, erzählt Michaela Amort, die auf „Tschilp.com“ über Mode bloggt und keine Kooperationen mit Unternehmen eingeht. Mittlerweile ist die Community der Beauty- und Lifestyle-Bloggerinnen gut vernetzt. Die kosmetikbegeisterten Frauen treffen sich bei Produktpräsentationen und Geschäftseröffnungen. „Wir tauschen uns viel aus, kooperieren und geben einander Tipps. Auch einige gute Freundschaften sind dadurch entstanden“, sagt Petra, die „kirschbluetenblog.blogspot.co.at“ betreibt und nebenberuflich als Make-up-Artist arbeitet. Sie gehört zu jenen Bloggerinnen, die zusätzlich Videos produzieren und ihren Leserinnen von Einkaufstouren und Lidschatten-Schattierungen erzählen.

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Hilfreiche Tipps für Journalist_innen

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Auf Leitmedien.de finden sich übersichtliche und leicht verständlich formulierte Informationen für Journalist_innen, die über Menschen mit Behinderungen berichten. Hier kann mensch z.B. nachlesen, wie die verschiedenen Bezeichnungen für Behinderungen/Beeinträchtigungen diskutiert werden und sich gewandelt haben, warum die Barrieren im Alltag die Behinderung darstellen und warum Sie einen Menschen, der „an den Rollstuhl gefesselt“ ist, losbinden sollten.

Berichte über Gewalt an Frauen, die sehr problematische Begriffe und Formulierungen beinhalten, stehen in Österreich an der Tagesordnung. Die MA57 der Stadt Wien hat eine Broschüre veröffentlicht, die eine Einführung in verschiedene Themenbereiche gibt und zeigt, wie sensible Berichterstattung über Gewalt an Frauen ausschauen könnte.

Eine kurzen Überblick über den korrekten sprachlichen Umgang mit rechtsextremistischen bzw. rassistischen Straftaten findet ihr hier, besser ist es, euch dieses Buch zu besorgen: „Wie Rassismus aus Wörtern spricht„. Außerdem solltet ihr regelmäßig dieses Blog lesen, wo immer wieder Beiträge über rassistische Sprache in deutschen Medien zu finden sind.

Update, Hinweis einer Leserin: Informationen zur Berichterstattung über Trans*menschen.

Ansonsten gilt: Viele gute Texte dazu findet ihr auf den Blogs, die ich in meiner Blogroll verlinkt habe, eine tolle Link-Liste zu verschiedenen Intiativen hat die Mädchenmannschaft.

Immer wieder Heidi Klum

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In den vergangenen Tagen ist mir der Link zu folgendem Artikel: „Brust raus, Bauch rein, Hirn aus“ in die Timeline verschiedener Social-Media-Plattformen gespült worden. Ein Journalist der „Hannoverschen Allgemeinen“ analysiert die „fatale Botschaft“, die Heidi Klum in „Germany’s Next Top Model“ verbreitet und widmet sich in seinem polemischen Text dem „kaltherzigen“ und anpassungsfähigen TV-Model. „Das Leben, heißt die traurige Klum-Botschaft, ist ein durchökonomisierter Prozess, in dem Fremderwartungen stets zu erfüllen, Maximalziele zu setzen, Körper dem Ideal nachzubilden und Unwuchten in Geist und Seele abzutrainieren sind. Gefallen als Lebenszweck – propagiert by Heidi Klum“, ist da zu lesen. Wie Imre Grimm da über Klum und ihre Model-Show ablästert, ist sehr unterhaltsam und irgendwie auch befreiend, aber irgendetwas hat mich sogleich an dem Text gestört – und zwar der ausschließliche Fokus (inkl. Sexismen) auf Heidi Klum.

„Germany’s Next Topmodel“, das wohl erfolgreichste Reality-Format überhaupt, zählt mittlerweile acht Staffeln, die Einschaltquoten bleiben trotz Endlos-Wiederholung auf hohem Niveau (zwischen 15 und 25 Prozent in der „werberelevanten“ Zielgruppe). Erfunden hat die Sendung jedoch nicht Heidi Klum, die deutsche Version von „America’s Next Top Top Model“ (Idee: Tyra Banks) hat der TV-Sender ProSieben  umgesetzt und zunächst von  „Tresor TV“, dann von „RedSeven“ produzieren lassen. 2006 wurde das Format erstmals ausgestrahlt und entwickelte sich zum ganz großen Geschäft. Es scheint fast so, als hätten Gilette und die L’Oreal-Tochter Maybelline das Konzept geschrieben: Make-up und glatt rasierte Körperteile sind integraler Bestandteil jeder Folge, die dazugehörigen Unternehmen sind nicht nur in den vielen Werbepausen zu sehen, sondern treten in der Serie als „ArbeitgeberInnen“ auf, die „Jobs“ an die Nachwuchs-Models zu vergeben haben.

„Germany’s Next Topmodel“ ist also soetwas wie eine verfilmte Frauenzeitschrift à la Cosmopolitan: Redaktionellen Inhalt gibt es nicht wirklich, vielmehr wird da Rahmenprogramm für Lippenstift- und Kleinwagen-VerkäuferInnen geschaffen. Mit Heidi Klum hat ProSieben die ideale Botschafterin für den Konsum an sich („Mit meinem ersten Model-Gehalt habe ich mir eine Rolex gekauft“) gefunden, die Ex-Kandidatinnen und Staffel-Siegerinnen werden in anderen Formaten des Senders untergebracht oder zumindest interviewt. So sitzen etwa die ausgeschiedenen Bewerberinnen regelmäßig auf der Couch von Stefan Raab, der in „TV Total“ verzweifelt nach lustigen Facetten der Model-Show sucht.

Stefan Raab, der wohl einzige Moderator, der auf ProSieben noch häufiger als Heidi Klum zu sehen ist, steht am anderen Ende der Skala: Witzig, lässig, unverschämt und aufdringlich – ein echter Kerl eben. Auch Klaas Heufer-Umlauf  und Joko Winterscheidt dürfen seit Februar auf ProSieben Wett-Kotzen und die Reeperbahn erkunden. Die beiden Moderatoren, die Sexismus unglaublich lustig finden, sind ebenfalls richtig gut im Unsinn-Machen und stellen den Gegensatz zu den Fraufiguren dar, die der deutsche TV-Sender in vielen seiner Formate präsentiert. „Nur die Industrie habe Mittel, wahre Schönheit zu generieren, lautet das Credo von Klum, deren Karriere auf einem ‚Sports Illustrated‘-Bikinifoto fußt – und die trotz gegenteiliger privater Erfahrungen offenbar weiterhin dem Irrtum erlegen ist, dass beständiges Streben nach ‚Professionalität‘ Glück verheißt“, schreibt Imre Grimm. Klum, die in den Medien gerne mal als „Pascha“ und „strafende Lehrerin“ bezeichnet wird, hat sich das also alles ausgedacht?

Immer wieder erscheinen Artikel, in denen die (zugegeben nicht sehr sympathische) Heidi Klum vorgeführt und für ihre grausame Art, jungen Mädchen das letzte Quentchen Selbstachtung zu rauben, kritisiert. Die Maschinerie hinter dem ganzen Konzept wird dabei oftmals ausgeblendet: die Kosmetik- und die Werbeindustrie und nicht zuletzt der TV-Sender, der das alles möglich gemacht hat. „Denn sie wissen, was sie tun„, schreibt Hannah Suppa in ihrer Replik und bringt ein Argument ins Spiel, das ebenso häufig zu finden ist: „Es ist billig, diese Glitzer-Nagellack-Welt mit den immer gleichen Phrasen (‚Nur eine kann GNTM werden!‘) als Untergang des Abendlandes abzutun. Denn es misst dem Ganzen mehr Bedeutung zu als nötig. Es geht hier um eine Unterhaltungsshow.“ Natürlich, alles nur ein großer Spaß. Schließlich sitzen die „Mädels-Runden“ zuhause ganz selbstbewusst vor dem Fernseher und eignen sich die Inhalte der Show auf „ironische Weise“ an, lachen über die heulenden Kandidatinnen und verwandeln schon mal das eigene Wohnzimmer in einen „Catwalk“.

Natürlich, wir haben die Texte der Cultural-Studies-Theoretiker_innen gelesen und wissen, dass es nicht besonders klug ist, von einer simplen „Übernahme“ von Medieninhalten durch die Rezipient_innen ausgehen. Schließlich gibt es verschiedene Lesarten und Medienwissenschafter_innen und Psycholog_innen weisen immer wieder darauf hin, dass es darauf ankommt, wie Jugendliche mit bestimmten Botschaften umgehen. „Sie (Heidi Klum) wird dafür bezahlt, eine Unterhaltungssendung zu machen. Und solange die Menschen einschalten, sich der ‚Venus Spa Breeze‘-Rasierer oder der Caffé Latte mit Topmodel-Aufdruck gut verkaufen, wird das so bleiben“, meint Hannah Suppa. Die vielen Zuschauerinnen wollen das also sehen – selbst schuld!
Aber wie war das? Unsere (Konsum-)Wünsche entstehen dann doch nicht aus dem Nichts oder einem „natürlichen“ Trieb. Vielmehr wachsen wir auf in einer kommerziellen Medienkultur, die uns auf allen Kanälen Zugang zum Heidi-Klum-Universum verschafft.

Nur absolute Medien-Verweiger_innen werden (in Österreich und Deutschland) diesen Namen noch nie gehört haben und „Cover-Shooting“ und „Concealer“ sind wohl fester Bestandteil des Wortschatzes einer durschschnittlichen 12-Jährigen. Fernsehsender wie ProSieben betreiben ein Mainstreaming solcher Inhalte, wir fragen uns nicht mehr, warum auf der Titelseite der „Cosmopolitan“ eigentlich immer eine junge Frau im engen Kleid zu sehen ist, sondern höchstens noch, ob denn nicht auch mal weniger „perfekte“ Models gezeigt werden könnten.

„Und die Eltern applaudieren. Die Mädchen als Ware, die Körper austauschbar, der Mensch egal. Natürlich sind die Körper Requisiten. Das ist der Job. Hier geht es nicht darum, wer den besten Charakter hat oder Schillers ‚Glocke‘ rezitieren kann, es geht um Oberflächlichkeiten. Die Modewelt ist eine eigene. Hier wird nicht das Ideal der Frau von heute vorgeführt, sondern das Ideal für eine bestimmte Berufsgruppe“, so die Journalistin. Mal abgesehen davon, dass „Germany’s Next Topmodel“ recht wenig mit der „Modewelt“ zu tun hat, lernen die Teenager vor dem Fernsehgerät, dass eben die Casting-Kandidatinnen ProSieben-Shows moderieren dürfen und in der „Bild“ abgelichtet werden. Hier haben die Medienkonzerne tatsächlich ihre eigene Welt geschaffen: das Berufsbild des/der C-Prominenten. Und damit eine Aufstiegsmöglichkeit, die Chance auf Gucci-Kleider und Rolex-Uhren. Und ein bisschen Ruhm.

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