CategoryPolitik

Unfähige Männer

U

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek kann sich also ein verpflichtendes Karenz-Monat für Väter vorstellen – das erzählte sie vergangene Woche dem Standard. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Vorschlag umgesetzt wird, liegt allerdings wohl  (leider) unter zehn Prozent. Empörende Ablehnung schlug ihr sogleich von Seiten der ÖVP entgegen und auch einige Journalisten des Landes brachten ihre Furcht vor der „Pflichtkarenz“ zu Papier.

Kinder seien nun Mal „Frauensache“ – mit diesem Argument wagen 2011 wohl nur mehr einige Hardliner (als anonyme Poster) ins Feld zu ziehen. Viel mehr wird da die Freiheit des mündigen Bürgers und der Bürgerin herbeizitiert. „Jetzt soll, wenn es nach der Frauenministerin geht, die Familie mit dem Pflicht-Papamonat also bald wieder zum gesellschaftspolitischen Exerzierfeld werden. Dem Trend folgend, dass statt der freien Entscheidung mündiger Menschen von der Wiege an alles per Gesetz reguliert werden muss“, schreibt Karl Ettinger in der Presse. Auch Eric Frey stimmt im Standard ähnliche Töne an: „Wollen wir wirklich in einer Gesellschaft leben, in der uns der Staat solche höchstpersönlichen Entscheidungen abnimmt? Mündige Menschen – und das sind Väter im Allgemeinen – müssen selbst entscheiden können, wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen.“

Nun, gegen eine Gesellschaft der freien, mündigen Bürger_innen gibt es wirklich nichts einzuwenden, Tatsache ist aber, dass sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen gerechter Geschlechterverhältnisse sehr wenig getan hat – und das trotz aufklärerischer Kampagnen, Infobroschüren und öffentlicher Anprangerung von Gehaltsschere und Co. 4,5 Prozent der Väter nehmen Erziehungsurlaub in Anspruch – ohne entsprechende gesetzliche Regelungen werden wir vermutlich weitere zwanzig Jahre warten müssen, bis sich dieser Wert verdoppelt hat. Im Jahr der Frauen ist die Zeit reif für politische Interventionen, schließlich sollen unsere Enkelinnen am 8. März nicht  mit den selben Forderungen – Stichwort Karrierefalle Karenz – auf die Straße gehen müssen.


Foto: BKA/HBF – Andy Wenzel

Doch abgesehen von der Freiheit der Staatsbürger_innen könnten offensichtlich auch die Fähigkeiten der Männer gegen eine Väterkarenz sprechen. „Ganz abgesehen von der Frage, ob für ein kleines Kind ein zwangsverpflichteter Macho tatsächlich das Beste für den Start ins Leben ist“, sorgt sich Presse-Journalist Ettinger; „damit tut man niemandem etwas Gutes – weder den zwangsverpflichteten Vätern noch den auf diese Weise zur Betreuung überlassenen Kindern“, meint Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Und standard.at Poster greifen zu weit drastischeren Schilderungen von möglichen Horror-Szenarien: Väter könnten etwa beim Spaziergang mit dem Kinderwagen in Raufereien verwickelt werden, weil ein anderer Papa ihnen die Vorfahrt genommen hat.
So ist es also um die österreichischen Väter bestellt? Unbeherrschte Machos, denen man unmöglich guten Gewissens ein Kleinkind anvertrauen kann?

Ob da die Fähigkeiten der Männer nicht grob unterschätzt werden. Und überhaupt – wer überprüft eigentlich die Eignung der so gesehen „zwangskarenzierten“ Mütter? Oder schieben die Menschen, die Männer zwar zutrauen, ein Unternehmen zu leiten, aber nicht, einen Einjährigen zu beaufsichtigen, gar nur Schein-Argumente vor? Vermutlich vergessen sie auch darauf, dass gerade Väter, die sich aufgrund von Druck im Berufsleben nicht für die Karenz entscheiden, enorm von einer gesetzlichen Regelung profitieren würden. „Und für die Kinder bringt der Papamonat die Chance auf eine bessere Beziehung zum Vater“ – meint Conrad Seidl.

2011: Jahr der Frauen

2

Das Jahr 2011 bringt ein geschichtsträchtiges Jubiläum mit sich: 100 Jahre Internationaler Frauentag. Am 8. März wird er in diesem Jahr bereits zum 100. Mal begangen. In Wien wird allerdings am 19. März gefeiert, die erste Frauendemonstration fand hierzulande nämlich am 19. März 1911 auf der Ringstraße statt. (Mehr zur Geschichte des Internationalen Frauentags könnt ihr hier nachlesen)

Zu diesem Anlass haben sich in Österreich engagierte Frauen formiert und großartige Initiativen ins Leben gerufen. Die Plattform „AUS! 20.000 Frauen“ ruft etwa zu einer großen Frauenrechts-Demo am 19. März in Wien auf. Auf der Website werden außerdem Forderungen von Organisationen und auch Einzelpersonen gesammelt, jede_r ist eingeladen, die drei wichtigsten frauenpolitischen Forderungen an die Redaktion zu schicken. „Durch die Demonstration soll der Vielfalt und der Wichtigkeit feministischer Zugänge und Forderungen, die immer noch nicht umgesetzt sind, eine Stimme gegeben werden. Ziel ist es, das Trennende hintan zu stellen und möglichst zahlreich sichtbar zu werden, ohne Differenzen und Vielfalt zu leugnen“, ist auf der Website zu lesen. Updates der Initiative gibt es außerdem auf Facebook.

Den Weg der Demonstration am 19. März wollen – wie schon in einem anderen Blogbeitrag erwähnt – die Strickistinnen einstricken. Bis spätestens 15. Februar könnt ihr euch noch bei den Guerilla-Knitting Frauen melden.

Auch kulturell gesehen dürfte 2011 ein äußerst aufregendes Jahr werden – dafür werden die Organisatorinnen von „femous“ (=female+famous) sorgen. Anlässlich des 100-Jahre-Jubiläums haben sie das femous-Jahr ausgerufen. Von März bis September 2011 wird es in Zusammenarbeit mit zahlreichen Institutionen 100 Veranstaltungen mit Künstlerinnen in ganz Österreich geben: „femous zeigt, dass herausragende Frauen längst keine Ausnahme mehr sind. femous steht – als sofort wiedererkennbares Qualitätssiegel – für herausragendes weibliches Schaffen“, ist in der Presseinfo zu lesen. Mehr Infos findet ihr auf dem dazugehörigen Blog und auf Facebook, eine eigene Website wird noch im Jänner entstehen.

Links der Woche

L

„Wie Medizin, Verantwortungsdiskurse und Naturalismus stillunwillige Frauen moralisch erdrücken“ – unter diesem Titel hat Ina Freudenschuss eine Reportage für „Malmoe“ verfasst. Nachzulesen auf diestandard.at

2022 findet die Fußball-WM in Qatar statt, ein Staat, in dem Homosexualität illegal ist. FIFA-Boss Sepp Blatter  reagierte auf die Frage nach möglichen Problemen aufgrund des Verbots folgendermaßen: „I’d say they [gay fans] should refrain from any sexual activities.“ Wahrlich kein lustiger „Scherz“, auch wenn die anwesenden Journalist_innen bei der Pressekonferenz in Gelächter ausbrachen. Bericht und Video auf BBC Sport.

Am 19. März 2011 wird (in Wien) bereits zum 100. Mal der Internationale Frauentag begangen. Zu diesem Anlass suchen die „Strickistinnen“ 100 Frauen, die im Rahmen einer Guerilla Knitting Aktion den Weg der ersten Frauen-Demonstration in Wien „einstricken“. Nähere Informationen zum Projekt von Antonia Wenzl und Betina Aumair findet ihr auf dem „Knitherstory“- Blog.

Auch wenn ich die Denkwerkstatt in den vergangenen Wochen etwas vernachlässigt habe, war ich doch in meiner Rolle als Gastbloggerin beim Missy Magazine produktiv. Meine Beiträge über die Wikileaks „Sexfiles“, den angeblichen „Gebärstreik“ in Mitteleuropa und Serien-Tipps findet ihr hier: Gastblog Denkwerkstatt

Nein, wir müssen uns keine Gedanken machen…

N

Die Budgetpläne der österreichischen Regierung haben die Wogen hochgehen lassen. Was sie konkret für die Situation von Frauen in Österreich bedeuten, darüber hat sich meine Studienkollegin und Gender-Expertin Betina Aumair Gedanken gemacht:

… über die laufende Budgeterstellung. Denn es wird nicht gespart an allen Ecken und Enden, sondern nur dort, wo es „sozial verträglich“ ist (SPÖ-Finanzstaatssekretär Schieder im Standard-Interview vom 24.10.2010). Auch weil sich so manche Politikerin und so mancher Politiker klar darüber sind, dass das Sparen „nicht alle happy macht“ (ebd.).

Nein, es macht nicht alle happy, im Gegenteil, vor allem deshalb nicht, weil es wieder einmal als sozial verträglich gilt, dort zu sparen, wo es in erster Linie Frauen trifft, nämlich im Pflege- und sogenannten Familienbereich. Jene Aussage, dass im Pflegebereich nicht gespart werde, sondern lediglich (!) der Zugang zum Pflegegeld der Stufe 1 und 2 „nur eine Spur erschwert“ (ebd.) werde, ist – milde ausgedrückt – Verhöhnung. Denn was außer Sparen bedeutet es, den Zugang zu monetären Transferleistungen so zu erschweren, dass im kommenden Jahr 17 Mio. Euro und bis zum Jahr 2014 insgesamt 142 Mio. Euro weniger ausgegeben werden müssen?

Diese Einsparungen werden zur Folge haben, dass sich noch weniger pflegebedürftige Menschen mobile Hilfsdienste (Essen auf Rädern, Hauskrankenpflege usw.) leisten können. Schon jetzt nimmt nur ein Viertel der Pflegegeld-BezieherInnen mobile Dienste in Anspruch. Die Hälfte der Nicht-InanspruchnehmerInnen gibt an, dass der Grund die mangelnde Finanzierbarkeit sei (Frauenbericht 2010).

Das Pflegegeld der Stufe 1 und 2 stellt mit 154,2 Euro bzw. 284,3 Euro pro Monat keine vollständige Abdeckung pflegebedingter Mehraufwendungen dar. So soll es auch nicht sein:

Das Pflegegeld stellt eine zweckgebundene Leistung zur teilweisen Abdeckung der pflegebedingten Mehraufwendungen und daher keine Einkommenserhöhung dar. Da die tatsächlichen Kosten für die Pflege das gebührende Pflegegeld in den meisten Fällen übersteigen, kann das Pflegegeld nur als pauschalierter Beitrag zu den Kosten der erforderlichen Pflege verstanden werden. Es ermöglicht den pflegebedürftigen Menschen eine gewisse Unabhängigkeit und einen (längeren) Verbleib in der gewohnten Umgebung (zu Hause).“ (help.gv.at)

Es stellt sich hier die Frage, warum das Pflegegeld nicht ein kostendeckendes sein kann? Warum den pflegebedürftigen Menschen nicht nur eine gewisse sondern eine vollständige Unabhängigkeit und trotzdem den Verbleib in der gewohnten Umgebung ermöglichen? Die Antwort ist nicht neu und liegt auf der Hand: Warum mehr Geld für Pflegedienste ausgeben, gibt es doch die Frauen, die das unentgeltlich machen. 2006 wurden 3,3 Mrd. Euro für die Pflegevorsorge ausgegeben (Frauenbericht 2010). Schätzungen gehen davon aus, dass die Kosten für die informelle Pflege, die mehrheitlich von Frauen erledigt wird, mit 3 Mrd. Euro zu beziffern sind (ebd.). Das bedeutet, dass sich der Staat mit jenen Menschen, die diese informelle Pflege leisten, die Kosten teilt.

Pflegedienste zu leisten, bedeutet in vielen Fällen das Aufgeben der Erwerbstätigkeit. Weniger als ein Drittel jener Menschen, die Angehörige pflegen, ist erwerbstätig. Vor der Übernahme der Pflege waren es etwas mehr als die Hälfte. Etwa die Hälfte der pflegenden Angehörigen hat kein Einkommen bzw. ein Monatseinkommen von unter 700 Euro netto. Von jenen, die über kein bzw. über weniger als 700 Euro netto Einkommen verfügen, sind 91 % Frauen (Frauenbericht 2010). Rund 56 % aller PflegegeldbezieherInnen sind in den Stufen 1 und 2 zu verzeichnen (Statistik Austria).

Im Familienbereich, der in Wirklichkeit ein Frauenbereich ist, da beinahe sämtliche Maßnahmen unmittelbare Auswirkungen auf Frauen, jedoch kaum welche auf Männer haben, soll beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze gespart werden.

2009 lag die Betreuungsquote in Kindertagesstätten der 0- bis 2-jährigen Kinder bei 15,8 %, jene der 3- bis 5-jährigen bei 88,5 % und jene der 5- bis 9-jährigen bei 15,4 % (Statistik Austria). Hand in Hand mit der Kinderbetreuungsquote in Kindertagesstätten geht jene der Erwerbstätigkeit bzw. Nichterwerbstätigkeit der Frauen. Bei Kindern unter 3 Jahren ist bei über zwei Drittel der Paare die Frau nicht aktiv erwerbstätig, sondern zu Hause. Bei weiteren rund 20 % ist die Frau auf Teilzeitbasis erwerbstätig. Die Betreuung von Kindern unter 3 Jahren erfolgt also beinahe ausschließlich durch die Mütter. Erst wenn das jüngste Kind bereits 15 Jahre oder älter ist, sind die Anteile jener Paare, bei denen die Frau Teilzeit und der Mann Vollzeit arbeitet und jener Paare, bei denen die Frau und der Mann vollzeiterwerbstätig sind, wieder annähernd gleich hoch.

Müssen wir uns wirklich keine Gedanken machen?

Doch, vor allem darüber, was diese Maßnahmen im Pflege- und Familien- bzw. Frauenbereich für Frauen und Männer und das Verhältnis zwischen ihnen bedeutet:
Es bedeutet, dass sich noch weniger pflegebedürftige Menschen mobile Hilfsdienste leisten können und diese von Frauen übernommen werden müssen.
Es bedeutet, dass noch weniger Frauen erwerbstätig sein können um die Pflege der Angehörigen übernehmen bzw. um Kinder betreuen zu können.
Es bedeutet, dass noch mehr Frauen, die weiterhin erwerbstätig bleiben, einer noch größeren Belastung ausgesetzt werden.
Es bedeutet, dass der Staat wieder einen Teil seiner Aufgaben als Sozialstaat in den Privatbereich auslagert.
Es bedeutet, dass Frauen wieder einmal verstärkt an das Haus bzw. die Aufgaben im Haus gebunden werden und die Welt draußen verstärkt von Männern gestaltet werden kann.
Es bedeuet, dass Männer weiterhin unabhängig von jeglicher Familienplanung ihrer Lebensgestaltung nachgehen können.

Es bedeutet, dass Frauen nach wie vor Karriereeinbrüche hinnehmen müssen um Kinderbetreuungspflichten übernehmen zu können.
Es bedeutet, dass Frauen nach wie vor schlecht bezahlte Arbeiten und prekäre Arbeitssituationen in Kauf nehmen um zumindest in irgendeiner Form neben der Kinder- oder/und Pflegebetreuung erwerbstätig sein zu können.
Es bedeutet, dass Männer nach wie vor auf Kosten der Frauen einer Karriere nachgehen können.
Es bedeutet, dass sämtlichen Gleichstellungsversuchen von Frauen und Männern noch einmal mehr das Wasser abgegraben wird.
Es bedeuet, dass der Weg für Frauen zur Gleichstellung noch ein Stückchen länger, steiler und steiniger geworden ist.
Es bedeutet nichts Neues.
Es bedeutet, dass das Private doch politisch ist.

Gastbeitrag von Betina Aumair

Männer in Karenz

M

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat aktuell eine Kampagne gestartet, um mehr österreiche Väter dazu zu animieren, in Karenz zu gehen. Derzeit sind es verschwindend geringe 4,5 Prozent der Väter, in zehn Jahren sollen es 20 Prozent sein. 15 Jahre nach Helga Konrads „Ganze Männer machen Halbe-Halbe“ heißt es nun also: „Echte Männer gehen in Karenz„. Hier der dazugehörige Spot:

Und, spricht euch das an?

Jungs spielen Fußball

J

Die deutsche Familienministerin Kristina Schröder hat dem Spiegel ein skandalträchtiges Interview gegeben – auf der Mädchenmannschaft und dem Mädchenblog wurde der Text bereits treffend analysiert. „Ministerin Schröder rechnet mit Feminismus ab“ freut man sich da in der Redaktion des Nachrichtenmagazins. Schließlich wird Alice Schwarzer kritisiert und darauf hingewiesen, dass Partnerschaft (mit einem Mann!) und Kinder doch glücklich machen (was „der“ Feminismus schließlich ablehnt, wie wir alle wissen).

Was sich die konservative Nachfolgerin von Ursula von der Leyen ebenso wünscht, ist ein künftiger Schwerpunkt auf Jungen- und Männerarbeit. Stichwort: Bildungsverlierer junge Männer. Die größten Probleme in der Schule hätten heutzutage nämlich die Jungs aus bildungsfernen Schichten. Da hat Schröder nicht unrecht: Rein statistisch gesehen liegen Mädchen und Jungs was den Schulerfolg betrifft im Durschnitt und an der Spitze in etwa gleich auf, doch im untersten Bereich sind Buben zahlenmäßig sehr viel stärker vertreten.

Ein Männlichkeitsforscher und ehemaliger Lehrer, bei dem ich in diesem Semester einen Kurs besuche, versuchte das Problem neulich folgendermaßen auf den Punkt zu bringen: Im familiären Umfeld bildungsferner Schichten passen Vorstellungen von Männlichkeit und Lernen nicht zusammen – bei Mädchen sieht das anders aus. Was konservative Politikerinnen wie Kristina Schröder uns jedoch nahe legen, ist nicht das Aufbrechen von engen Geschlechterrollen durch eine gendersensible Pädagogik, sondern das Zementieren jener Rollenkorsetts. Mädchen interessieren sich für Ponys und Schmetterlinge, Jungs buchstabieren dann richtig, wenn beim Diktat eine Fußball-Geschichte verhandelt wird.

Solche biologistische Fehlschlüsse sind Thema zahlreicher Parodien im Netz: Das „Boys Game“ Schach wird etwa dann für Mädchen interessiert, wenn die Schachfiguren rosa Kleider tragen und nach Erdbeeren duften. Auch „Mädchen in die Technik“ Programme reproduzieren immer wieder Geschlechterklischees, anstatt die Verknüpfung von Technik und Männlichkeit(en) zu dekonstruieren. Dass solche Strategien nicht von Erfolg gekrönt sind, verwundert kaum.

Auch das immer wieder zitierte Klischee, dass die Schule grundsätzlich ein „weibliches System“ sei, ist wenig haltbar: Vieles, was nach wie vor zur Struktur des Schulalltags gehört, ist dem Militär nachempfunden, Buben beanspruchen in den Schulstunden mehr Redezeit und besetzen einen Großteil des physischen Raums (laut einer deutschen Studie ist das Verhältnis der Raumaufteilung zwischen Jungen und Mädchen in etwa 10 zu 1). Stillsitzen und brav sein, das entspreche dem „Naturell“ der Mädchen, die in der Schule die besseren Noten bekommen, lassen die Konservativen immer wieder verlauten. Dass gerade diese Verhaltensweisen von den Pädagoginnen und Pädagogen gefördert werden – daran wird nicht gedacht. Und oft sind es die selben Menschen, die den Mangel an weiblichen Führungskräften mit der fehlenden Durchsetzungskraft von Frauen begründen.

Was also fehlt, sind neue Männlichkeitsentwürfe, die sich mit Büchern und Neugier, mit kommunikativer Kompetenz und Einfühlungsvermögen vereinbaren lassen. Entgegengesetzte Bilder sind nach wie vor allgegenwärtig: Männliche Helden in Film und Fernsehen verlassen sich auf ihre Muskelkraft, brechen die Schule ab und erhalten als Belohnung schlussendlich die schöne Prinzessin. Vielleicht bangen manche Politiker_innen jedoch gerade um dieses (vom Feminismus bedrohten!) Ideal des dominanten Ernährers. Da bleibt nur der fromme Wunsch, dass in der (viel zu spät) aufkeimenden Debatte um Männlichkeiten endlich auch progressive Stimmen gehört werden.

Wochenende

W

Im Rahmen ihres Vortrags an der Universität Wien wurde Evelyn Fox Keller auch zum Interview gebeten. Im Gespräch mit diestandard.at erzählt die Physikerin, warum Gender-Fragen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit in den Hintergrund geraten sind.

Nachdem Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Kürzung der Familienbeihilfe in einer Presseaussendung verteidigt hatte, fordert sie nun eine Nachbesserung, „um Härtefälle zu vermeiden.“ Nachzulesen unter anderem im Interview mit dem Kurier.

Einen sehr interessanten Artikel über den Pornokonsum von jungen Männern gibt es auf „der Freitag“ zu lesen. Berichtet wird unter anderem über das erste feministische Anti-Porn Men Project. (via Helga)

Als ob wir noch einen weiteren Grund gebraucht hätten, um auf den Rücktritt von Silvio Berlusconi zu hoffen: Der italienische Regierungschef ist also nicht nur extrem sexistisch, sondern auch noch homophob. „Es ist besser, schöne Frauen zu mögen, als schwul zu sein“, ließ Berlusconi jüngst bei der Eröffnung einer Motorradmesse verlauten.
Für alle homophoben Menschen zum Mitschreiben: Heterosexualität ist nicht normal, sondern häufig.

Neueste Beiträge

Neueste Kommentare

Archive

Kategorien