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Der Mann, ein hormongesteuertes Tier

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So in etwa lässt sich die Essenz der Profil Cover-Story „Testosteron: Was macht den Mann zum Mann?“ zusammenfassen. Und weil der im Iran geborene Rapper Nazar gleich zuschlägt und dicke Muskeln hat, im Gefängnis war und die „Bewegung im Blut hat“, laufen ihm die Frauen in Scharen hinterher, sagt Profil. Die viele unglaublichen Passagen möchte ich gar nicht alle einzeln kommentieren, aber wer hier die Postings zu „Alles über die Männer“ und „Alles über die Frauen“ und sonstige Einträge, die sich mit Hormonen und der „Wissenschaft“ vom Geschlecht gelesen hat, findet im Profil-Artikel den Beleg, dass sich solche Diskurse über Jahrhunderte und Jahrzehnte fortschreiben und lediglich ihr Gesicht verändern.

Nur eines sei erwähnt: „Diesen kleinen Unterschied wollen Männerforscher wieder stärker betonen, weil er in einer feministisch verblendeten Gesellschaft immer mehr in den Hintergrund getreten ist. Sie wenden sich gegen Gleichmacherei der Geschlechter und plädieren dafür, dass Buben wieder Buben und Männer wieder Männer sein dürfen.“ Ein wenig Recherche-Arbeit dürfte man/frau sich in einem seriösen Nachrichtenmagazin doch erwarten. Wer wurde hier befragt? Barbara Rosenkranz?

Einen Eintrag dazu gibt es ebenso auf dem Mädchenblog.

Alles über die Männer, Teil 1

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„Es stimmt, daß Zeiten und Sitten sich wandeln; doch die Natur des Menschen ist nicht so wandelbar.“ Nachdem ich Joseph Pecks beeindruckendes Wissen über „die Frauen“ präsentiert habe, soll euch auch die Essenz aus dem Klassiker „Alles über die Männer“ nicht vorenthalten bleiben. Man tausche Passiv gegen Aktiv, und los geht es:

Im Gegensatz zu den Qualen der Geburt in „Alles über die Frauen“ beginnt „Alles über die Männer“ mit der Freude über das wunderbare Geschöpf Junge.
„Jeder Junge braucht einen Vater, von dem er mit Stolz sagen kann: ‚Das ist mein Alter.‘ Er braucht einen Vater, dessen Augen unmerkbar aufleuchten, wenn er nach einem harten Tag von Amt, Büro oder Fabrik heimkehrt und ein winziges Bündel voll Energie ihm entgegenstürzt mit dem Ruf: ‚Hallo Papps!‘.

Der frühe Moment der Erkenntnis: „Irgendwann, im Alter zwischen zwei und drei Jahren, beginnt das Kind nämlich zu begreifen, daß es männlichen Geschlechts ist, und fängt an, Männer als höhere Wesen zu betrachten.“

„Frauen verachten Kinder, die nicht von ihnen abhängig sind; Männer lieben Jungen, weil die freundlichen Erinnerungen an die eigene Jugend unversehens heraufbeschworen werden, sobald ein kleiner Kerl in der Nähe ist.“

„Wenn heute meine Jungen ihre Familie zu unserer kleinen Farm im Waldland herausbringen, pflegen wir Männer, ausgerüstet mit Beil und Säge, die Weiber und Kinder zu verlassen.

Was passiert, wenn der Junge beginnt, mit Mädchen auszugehen? „Nach Mitternacht lehne ich es ab, mir noch Sorgen zu machen – Die kann sich jetzt die Mutter des Mädchens machen.“

„Während Mädchen von Jahr zu Jahr bezaubernder und graziöser werden, wird ein Junge immer tölpelhafter – und er merkt immer mehr, daß er Tölpel ist.“

„… aber gib ihm eine ordentliche Tracht Prügel, wenn er dir nicht offen gehorcht. (…) Ein Junge, der ohne warme Bindung an den Vater aufwachsen muß, ist um sein Geburtsrecht betrogen worden.“

„Natürlich wird ein Junge später im Kreis der Freunde damit prahlen und angeben, wieviele Mädchen er verführt hat – genauso wie Mädchen sich der Liebhaber rühmen, von denen sie sich nicht verführen ließen.“

„Nur wenige Frauen wünschen sich einen Sklaventreiber wie jenen Simon Legree aus Onkel Toms Hütte, aber im Zweifelsfall würden sie ihn irgendeinem milchgesichtigen Waschlappen vorziehen.“

„Er versucht jetzt, jedes Mädchen zu bedrängen, dem er begegnet, immer in der halben Hoffnung, bei seinen amourösen Unternehmungen zurückgewiesen zu werden. Doch nur zu oft wird er nicht zurückgewiesen, und das führt zu erneuter Unzufriedenheit – mit sich und mit den Mädchen, die das Spiel so bereitwillig mitmachten. Seine Ideale sind erschüttert worden, sein Idol liegt im Staub. Doch die Gestalt der Mutter und die Gestalt jener Mädchen, die ihn zurückweisen, leuchten um so heller in dem Schrein seines Herzens.“

Alles über die Frauen, Teil 1

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Am vergangenen Wochende habe ich in der Bibliothek meiner Lieblings-Niederösterreicher_innen gestöbert und kurzerhand sind mir zwei Buchrücken ins Auge gesprungen: „Alles über Frauen“ und „Alles über Männer“ verstaubten da in der obersten Reihe eines Regals. Schon die Titel verhießen mir Schlimmes – aber es sollte noch schlimmer kommen. Weihnachten 1964 hatten sie die Bücher geschenkt bekommen, 1961 wurden sie von einem gewissen Joseph H. Peck, einem amerikanischen Gynäkologen, veröffentlicht. Nachdem dieser Mister Peck einige Jahrzehnte als „Arzt der Frauen“ praktiziert hatte, beschloss er also, sein umfassendes Wissen – da er die Frauen so liebe – der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Schon unglaublich, was so alles (straffrei) publiziert werden durfte und unsere Eltern / Großeltern als heitere Lektüre unter ihrem Weihnachtsbaum fanden. Das Buch ist eine schier unerschöpfliche Quelle von Vorurteilen, Stereotypen und Sexismen, die in den 60er Jahren noch sehr explizit ausformuliert wurden – aber im Grunde (in modifizierter Form) bis heute überlebt haben. Hier einige Auszüge aus „Alles über die Frauen“ (Originaltitel: „Life With Women – And How To Survive It„) – aus den ersten Kapiteln, die das Heranwachsen von Mädchen behandeln:

Um sich der „weiblichen Natur“ anzunähern, schlägt der Gynäkologe eine Entbindungsstation als geeigneten Ort vor, dort, wo sich die Frau „ihrer ureigensten Funktion hingibt“:

„Eine Frau, die diesem Gottgewollten zum erstenmal unterworfen ist und nun, mit tiefer liegendem Kopf, fest angeschnallt auf dem Entbindungstisch liegt, mag sich wohl wie ein Opfer vorkommen, das vom Hohenpriester und seinen Priesterinnen (…) dargebracht werden soll. Aber schon die Bibel sagt: ‚Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären.'“

„Sie hat eine rasche Auffassungsgabe und ein gutes Gedächtnis und nimmt es in bezug auf Bildungsfähigkeit mit jedem Mann auf. Doch je mehr sie lernt, desto mehr geht von ihren weiblichen Instinkten verloren, und es scheint, daß sie mit jedem Fortschritt in der Bildung auch an Weiblichkeit einbüßt. Die gelehrtesten Frauen sind deshalb oft die armseligsten Mütter.“

„Vom dritten Lebensjahr an bereitet sich das Mädchen auf die Mutterschaft vor, indem es mit Puppen und Puppenhäuschen spielt und die Katze mit ihren Jungen belauscht. Ihres Bruders Interessen um diese Zeit wenden sich möglichst weit von jeder Häuslichkeit ab. Er flitzt auf seinen Schlittschuhen auf dem Teich umher, (…) und wenn er schließlich doch einbricht, dann wahrscheinlich nur, weil ein Mädchen ihn geschubst hat.“

Dann folgen einige Anekdoten zur alt bekannten „Hinterlistigkeit“ der Frauen und er schildert die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das seinen Eltern erzählte, es sei vergewaltigt worden, obwohl es nur die Zeit vertrödelt hatte und der Bestrafung entgegehen wollte: „Natürlich sind dies reichlich extreme Beispiele von der Heimtücke der Mädchen (…). Auf Grund solch alberner Anschuldigungen sind schon Männer ins Gefängnis gewandert.“

„Wenn ihr liebes Töchterlein in den männlichen Sportarten allzu tüchtig ist, mag Ihnen, lieber Leser, sogleich der alte Reim in den Sinn kommen: ‚Mädchen, die pfeifen, und Hühern, die krähen, soll man beizeiten den Hals umdrehen‚. Lenken Sie deshalb ihre Aufmerksamkeit schleunigst auf Puppen und Puppenstuben, dann wird sie, indem sie der Mami zusieht, mit der Zeit dahinterkommen, daß ihre Rolle restlosen Einsatz erfordert.“

Mädchen wollen möglichst schnell erwachsen werden, schreibt der Autor weiter, doch so mancher Ehemann werde sich nach den Kindestagen der Frau sehnen, denn, im Gedanken: „damit ich sie verprügeln kann, bis sie mir die Wahrheit gesteht – und ohne daß mich anderntags gleich ihr Scheidungsanwalt anruft!“

Was passiert mit den herangereiften Mädchen, die keinen Ehemann finden? „Infolgedessen gibt es eine Menge später Mädchen und energisch berufstätiger Frauen, die einspännig herumlaufen, sich selber nicht leiden können und mit ihrem unerfüllten Leben die Ärzte plagen.“

Fortsetzung folgt…

Skispringen und Eierstöcke

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Aktuell kämpfen Sportler_innen aus 82 Nationen in Vancouver um die begehrten Medaillen der Olympischen Spiele. Nicht so die Skispringerinnen – Skispringen der Frauen ist nicht olympisch. Warum das so ist, hat eine Blogautorin auf „Daily Kos“ zusammengefasst und brilliant kommentiert: Link

Auch im Jahr 2010 werden noch immer Argumente ins Feld gebracht, die schon im 19. Jahrhundert beliebt waren, um Frauen aus bestimmten Bereichen auszuschließen: XXX (bitte einsetzen) sei schädlich für die weiblichen Fortpflanzungsorgane.

A****f*** im Hauptabendprogramm

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Bushido ist in der „gesellschaftlichen Mitte“ angekommen. Der Rapper war bereits in unzähligen Talkshows zu Gast, lacht von der „Bravo“-Titelseite und wird auf Jugendsendern mit Preisen überhäuft; zuletzt entschied sich Bernd Eichinger dafür, seine Lebensgeschichte in Spielfilmlänge zu erzählen. Nach der Wiener Filmpremiere des entstandenen Werks „Zeiten ändern dich“ wurde Bushido vergangenen Freitag auch  in der österreichischen „ZIB 24“ als „Deutschlands bester Rapper“ im Nachrichtenstudio begrüßt. Politiker wolle er werden, erzählte Bushido und gab sich wie gewohnt höflich und sachlich. „Sie haben Recht, natürlich sind die Sachen, die ich mir in der Vergangenheit geleistet habe, nicht glorreich gewesen. Und wir brauchen nicht darüber reden, dass Körperverletzung oder auch Drogenkonsum natürlich illegal und auch nicht vertretbar sind“, erklärte er seine Vergangenheit und verwies auf sein Bemühen, Jugendliche vor seinen eigenen Fehlern bewahren zu wollen.

Dieses Bild des netten, biederen jungen Mannes – wie passe das überhaupt zum Image des Skandalrappers mit den deftigen Texten, fragte Moderatorin Lisa Gadenstätter gespielt provokant. Auf die „deftigen“ Texte ging sie dabei nicht näher ein, vermutlich könnte sie Zeilen wie diese gemeint haben (damit auch alle wissen, wovon hier die Rede ist, gebe ich die  Songtexte hier wieder): (Inhaltswarnung: sexualisierte Gewalt)

„Wie du in deinem Bett sitzt, halbnackt du Dr**ks***k
ich wusste das du so bist, und jeden Dreck f***t
weil du eine Frau bist und man dir in den Bauch f***t
heisst es nicht dass ich dich nicht schlage bis du blau bist.“

Oder aber:

„Ein Sch***z in den Arsch, ein Sch***z in den Mund
Ein Sch***z in die F***e, jetzt wird richtig geb***t.“

Zugegeben, abgesehen von solchen Inhalten in (bereits etwas älteren) indizierten Songs wie „Dreckstück“ fallen Bushidos Texte im Hinblick auf sexualisierte Gewalt und Frauenverachtung fast schon gemäßigt aus – im Vergleich zu seinen Rap-Kollegen. „Aggro-Berlin“ Mann Sido, der gerne bei Stefan Raab auf der Couch sitzt und vom Jugendsender VIVA mit verschiedenen Awards ausgezeichnet wurde, singt in seinem „Arschficksong“:

„Katrin hat geschrien vor Schmerz
mir hats gefallen
ich hab gelernt man kann ne Hand reinschieben
und dann ballen
ich hab experimentiert
Katrin war schockiert
sie hat nich gewusst dass der N***rdildo auch vibriert
ihr Arsch hat geblutet
und ich bin gekommen.“

Oder da wäre noch Kool Savas, der in der Bertelsmann-Kampagne „Du bist Deutschland“ für ein neues Nationalgefühl wirbt und unter anderem gegen Massentierhaltung auftritt. Auf der Bühne singt er über „Ticke Titten Enge Muschi“:

„Ich mach auf künstlich interessiert und N****n denken ich bin nett,
doch wenn ich fertig bin mit rammeln, sieht dein Loch aus wie Kotelette, F****e!
Genug gesabbelt, lass uns fi***n bis es knallt.
Steck‘ die Zunge in mein Ar******h und ich scheiss dir in den Hals.
Hoes die sagen, ich bin träge, animiere ich durch Schläge.“

Nicht nur Bushido – sexistischer Rap ist in der gesellschaftlichen Mitte angekommen. Musiker wie Bushido, Sido oder Kool Savas werden von den Medien hofiert, sie treten im Hauptabendprogramm auf, diskutieren bei Johannes B. Kerner und predigen an deutschen Schulen gegen Gewalt und Gesetzesbruch.  Und daran scheint sich kaum jemand zu stören. Darauf angesprochen, dass er Frauen in seinen Songtexten häufig als „Nutte“, „Pussy“ oder „Fotze“ bezeichnet, erklärt Bushido Johannes B. Kerner, dass er die Frauen doch eh lieben würde, schließlich sei auch seine Mutter eine Frau. „Aber Herr Kerner, wenn ich ein Konzert gebe stehen neben der Bühne zehn Frauen, die mich noch nie gesehen haben und Sex mit mir wollen, die sind doch nicht zu respektieren“, ergänzt der Rapper. Alle lachen, niemand kontert.

Bushidos Liebe zu seiner Mutter widmete sich nun auch eine erklärte Gegnerin des Musikers – Alice Schwarzer. In einem offenen Brief wendet sie sich auf ihrer Website an den Rapper. Der Hintergrund: Bushido hatte vor einigen Jahren die Einladung zu einer Talkshow, in der Alice Schwarzer Sandra Maischberger vertrat, kurzfristig abgesagt. In einem aktuellen Interview erklärte er nun noch einmal, warum er nicht mit Schwarzer sprechen wolle. „Hey, Bushido, wie waren denn die Titten damals von deiner Mutter? Als du als kleiner Junge daran gesaugt hast“, könnte ihn Schwarzer fragen und damit seinen wunden Punkt treffen. „Ey, Fotze! Fick dich ins Knie!“ – so würde Bushidos Antwort lauten.

In ihrem Brief bedient sich Schwarzer der Sprache des Rappers, bezeichnet ihn als „Muttersohn“ und spielt auf die tunesische Herkunft seines Vaters an. „Indem Schwarzer die Herkunft der Eltern betont, schafft sie es auch implizit, Gewalt zu kulturalisieren“, kritisiert Blog-Autorin Magda die Frauenrechtlerin auf mädchenmannschaft.net. Schwarzer würde Bushidos Sexismus mit Xenophobie begegnen und sich dabei selbst einer diskriminierenden Rhetorik bedienen. Es stellt sich tatsächlich die Frage, was Alice Schwarzer mit ihrem wütenden Text erreichen möchte. Macht es Sinn, sich mit Bushido auf eine Schlammschlacht einzulassen? Wohl kaum. Auch wenn sie es vielleicht tatsächlich geschafft hat, „Deutschlands Rapper Nr.1“ persönlich zu treffen, indem sie auf seine nicht ganz so „harte“ Männlichkeit, die enge Beziehung zu seiner Mutter und seinen Migrationshintergrund zielt. Ändert das etwas am Sachverhalt? Texte, die Frauen erniedrigen und sexualisierte Gewalt verherrlichen, sind (besonders in Hinblick auf die minderjährige Fangemeinschaft) inakzeptabel – egal, von wem sie vorgetragen werden.

Dennoch hat hier offensichtlich ein Prozess der Normalisierung stattgefunden – Kool Savas – Lyrics schockieren nicht mehr, sie sind zum „Style“ der „Rüpel-Rapper“ geworden. „Extrem populär, ein echtes Jugendidol“, so nennt Sony-Chef Berger Bushido. Nur dass die eigene 13-jährige Tochter sich auf den Konzerten der Rapper vergnügt – das wollen die meisten dann doch lieber nicht.

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