CategorySexismus

Blue-Eyed

B

Als die amerikanische Lehrerin Jane Elliott 1968 von der Ermordung  Martin Luther Kings in den Fernsehnachrichten erfuhr, überlegte sie, wie sie ihren 8-jährigen Schüler_innen davon berichten könnte. In einer weißen Community in Iowa nur über Rassismus zu sprechen, erschien ihr nicht ausreichend. Also entwickelte sie das „blue-eyed/brown-eyed“ Experiment, das vor allem Rassismus, aber auch andere Formen der Diskriminierung wie Sexismus oder Homophobie erlebbar machen sollte. Sie teilte ihre Klasse nach der Augenfarbe und ließ jede Gruppe einen Tag lag „superior“ sein. Aus diesen Erfahrungen entwickelte sie ein (umstrittenes) Diversity-Training.

Die Dokumentation über Jane Elliotts erstes Projekt gibt es zwar nicht mehr in voller Länge auf Youtube zu sehen, allerdings gibt es verschiedene Berichte über ihr Experiment:

Porno-Ästhetik

P

Da soll noch einmal jemand sagen, die Populärkultur wäre bereits von der Pornographie durchdrungen.
Die folgende Werbekampagne stammt aus dem Hause „Suitsupply“, einem holländischen Herrenausstatter. Ja, da berichtet sogar die Bildzeitung Online darüber und schreibt: „Diese Mode-Kampagne war Facebook zu sexy.“

Bei diesem Bild handelt es sich um ein verglichen harmloses Sujet der „Shameless“ Kampagne. Wie war das noch einmal? „Konsumentinnen und Konsumenten werden nicht mehr zum Kauf angeregt, sondern zur Übernahme eines bestimmten Lifestyles, zur Übernahme dominanter Rituale, wobei das Produkt als deren unabdingbarer Teil akzeptiert werden soll.“ (Matthias Marschick – Definition moderner Werbung in „Verdoppelte Identitäten“)

„Suitsupply is committed to doing business in an ethical and sustainable manner“, ist übrigens auf der Website des Unternehmens zu lesen.

Jungs spielen Fußball

J

Die deutsche Familienministerin Kristina Schröder hat dem Spiegel ein skandalträchtiges Interview gegeben – auf der Mädchenmannschaft und dem Mädchenblog wurde der Text bereits treffend analysiert. „Ministerin Schröder rechnet mit Feminismus ab“ freut man sich da in der Redaktion des Nachrichtenmagazins. Schließlich wird Alice Schwarzer kritisiert und darauf hingewiesen, dass Partnerschaft (mit einem Mann!) und Kinder doch glücklich machen (was „der“ Feminismus schließlich ablehnt, wie wir alle wissen).

Was sich die konservative Nachfolgerin von Ursula von der Leyen ebenso wünscht, ist ein künftiger Schwerpunkt auf Jungen- und Männerarbeit. Stichwort: Bildungsverlierer junge Männer. Die größten Probleme in der Schule hätten heutzutage nämlich die Jungs aus bildungsfernen Schichten. Da hat Schröder nicht unrecht: Rein statistisch gesehen liegen Mädchen und Jungs was den Schulerfolg betrifft im Durschnitt und an der Spitze in etwa gleich auf, doch im untersten Bereich sind Buben zahlenmäßig sehr viel stärker vertreten.

Ein Männlichkeitsforscher und ehemaliger Lehrer, bei dem ich in diesem Semester einen Kurs besuche, versuchte das Problem neulich folgendermaßen auf den Punkt zu bringen: Im familiären Umfeld bildungsferner Schichten passen Vorstellungen von Männlichkeit und Lernen nicht zusammen – bei Mädchen sieht das anders aus. Was konservative Politikerinnen wie Kristina Schröder uns jedoch nahe legen, ist nicht das Aufbrechen von engen Geschlechterrollen durch eine gendersensible Pädagogik, sondern das Zementieren jener Rollenkorsetts. Mädchen interessieren sich für Ponys und Schmetterlinge, Jungs buchstabieren dann richtig, wenn beim Diktat eine Fußball-Geschichte verhandelt wird.

Solche biologistische Fehlschlüsse sind Thema zahlreicher Parodien im Netz: Das „Boys Game“ Schach wird etwa dann für Mädchen interessiert, wenn die Schachfiguren rosa Kleider tragen und nach Erdbeeren duften. Auch „Mädchen in die Technik“ Programme reproduzieren immer wieder Geschlechterklischees, anstatt die Verknüpfung von Technik und Männlichkeit(en) zu dekonstruieren. Dass solche Strategien nicht von Erfolg gekrönt sind, verwundert kaum.

Auch das immer wieder zitierte Klischee, dass die Schule grundsätzlich ein „weibliches System“ sei, ist wenig haltbar: Vieles, was nach wie vor zur Struktur des Schulalltags gehört, ist dem Militär nachempfunden, Buben beanspruchen in den Schulstunden mehr Redezeit und besetzen einen Großteil des physischen Raums (laut einer deutschen Studie ist das Verhältnis der Raumaufteilung zwischen Jungen und Mädchen in etwa 10 zu 1). Stillsitzen und brav sein, das entspreche dem „Naturell“ der Mädchen, die in der Schule die besseren Noten bekommen, lassen die Konservativen immer wieder verlauten. Dass gerade diese Verhaltensweisen von den Pädagoginnen und Pädagogen gefördert werden – daran wird nicht gedacht. Und oft sind es die selben Menschen, die den Mangel an weiblichen Führungskräften mit der fehlenden Durchsetzungskraft von Frauen begründen.

Was also fehlt, sind neue Männlichkeitsentwürfe, die sich mit Büchern und Neugier, mit kommunikativer Kompetenz und Einfühlungsvermögen vereinbaren lassen. Entgegengesetzte Bilder sind nach wie vor allgegenwärtig: Männliche Helden in Film und Fernsehen verlassen sich auf ihre Muskelkraft, brechen die Schule ab und erhalten als Belohnung schlussendlich die schöne Prinzessin. Vielleicht bangen manche Politiker_innen jedoch gerade um dieses (vom Feminismus bedrohten!) Ideal des dominanten Ernährers. Da bleibt nur der fromme Wunsch, dass in der (viel zu spät) aufkeimenden Debatte um Männlichkeiten endlich auch progressive Stimmen gehört werden.

Wochenende

W

Im Rahmen ihres Vortrags an der Universität Wien wurde Evelyn Fox Keller auch zum Interview gebeten. Im Gespräch mit diestandard.at erzählt die Physikerin, warum Gender-Fragen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit in den Hintergrund geraten sind.

Nachdem Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek die Kürzung der Familienbeihilfe in einer Presseaussendung verteidigt hatte, fordert sie nun eine Nachbesserung, „um Härtefälle zu vermeiden.“ Nachzulesen unter anderem im Interview mit dem Kurier.

Einen sehr interessanten Artikel über den Pornokonsum von jungen Männern gibt es auf „der Freitag“ zu lesen. Berichtet wird unter anderem über das erste feministische Anti-Porn Men Project. (via Helga)

Als ob wir noch einen weiteren Grund gebraucht hätten, um auf den Rücktritt von Silvio Berlusconi zu hoffen: Der italienische Regierungschef ist also nicht nur extrem sexistisch, sondern auch noch homophob. „Es ist besser, schöne Frauen zu mögen, als schwul zu sein“, ließ Berlusconi jüngst bei der Eröffnung einer Motorradmesse verlauten.
Für alle homophoben Menschen zum Mitschreiben: Heterosexualität ist nicht normal, sondern häufig.

Interview: Binnen-I, Unterstrich und Sprachreinheit, Teil 2

I

StudentInnen, Student_innen, Studierende – drei verschiedene Arten, um in einem Text nicht  ausschließlich Studenten anzusprechen. Was Anna Babka noch zur gendersensiblen Sprache zu sagen hat und warum sie SprachästhetInnen nicht traut, könnt ihr in Teil 2 des Interviews nachlesen.

Das Binnen-I wird gerne als Aufhänger verwendet, um gegen den Feminismus mobil zu machen oder ihn ins Lächerliche zu ziehen. Michael Fleischhacker schrieb etwa in der Presse: „All jenen, die mit Frauenrechten nicht wirklich etwas anfangen können (…), gilt Johanna Dohnal als Urheberin eines ins Grundvokabular der political correctness eingegangenen ‚linksgrünen Feminismus’, dem ein gendergerechtes Binnen-I wichtiger ist als die Rechte der Frauen in den muslimischen Mehrheitsgesellschaften.“

Das ist ein Ablenkungsmanöver, oder ein Zeichen von Dummheit und Borniertheit. Ich kann das überhaupt nicht ernst nehmen, Herr Fleischhacker hat offensichtlich seine Probleme mit dem Feminismus, nicht mit dem Binnen-I. Oder mit Gerechtigkeiten, wenn man so will. Das sind Scheingefechte. Wenn man mich mit so einer Aussage konfrontiert, würde ich erst einmal nachfragen, auf welche Informationen sich diese Person stützt, woher diese Erkenntnis stammt und was das Eine mit dem Anderen zu tun hat. Man muss den Menschen klarmachen, dass eben diese Formulierungen etwas bewirken.

Und was das jetzt mit der Sorge um unterdrückte Gruppierungen, um unterdrückte Frauen in welchen Ländern auch immer zu tun hat, ist mir nicht klar. Interessant ist, dass die muslimische Welt hier wieder herbeizitiert wird, das ist sehr typisch und auch sehr performativ, weil der Feind hier auf einer sehr simplen Ebene konstruiert wird und die Feministinnen quasi als Mithelferinnen dargestellt werden, die eigentlich keine anderen Sorgen haben. Also ja, es ist einfach ein Kampf zwischen – wenn man es vereinfacht – einer gewissen konservativen Schicht der Bevölkerung und ihren GegenspielerInnen.

Diese konservative Gruppe möchte Werte bewahren, ihr sind diese Differenzierungen wichtig. Wenn man eine Familienpolitik verfolgt, die die Frauen quasi noch immer an den Platz weist, dann hat man kein Interesse am Binnen-I. Das ist ganz eindeutig auch in bestimmten Kontexten verortet, diese Kritik oder dieses Unwohlsein, was geschlechtersensible Sprache betrifft.Auch bei so genannten SprachästhetInnen steckt dahinter meistens ein gesellschaftspolitisches Kalkül. Jemandem, der liberal denkt, ist die reine Sprache nicht wichtiger als der politische Effekt, den das Binnen-I hat. Das kann gar nicht sein.

Warst du schon an feministischen Themen interessiert, als du zu studieren begonnen hast?

Nicht gleich, aber bald. Ich habe Komparatistik studiert und bin im vierten Jahr für meine Diplomarbeit zum Thema Ingeborg Bachmann in Frankreich nach Paris gefahren. Dort habe ich dann Hélène Cixous getroffen, eine der bedeutendsten lebenden feministischen TheoretikerInnen. Sie hat mich wirklich beeindruckt. Ich bin ein Semester lang in ihrem Kurs gegessen und das war  eine Initialzündung. In mir wurde damals ein Denkprozess in Gang gesetzt, der bis heute nachwirkt. Natürlich hat das eine Weile gedauert, weil die Komparatistik in Wien absolut anti-feministisch organisiert war. Es gab drei Männer, die  die Komparatistik geleitet haben und feministische Forschung war ganz sicher nicht vorgesehen. Wir als Studienrichtungsvertretung haben das dann langsam etabliert. Seit damals leitet mich die feministische Theorie an und aus diesem Kontext heraus auch die Queer Studies und die Postcolonial Theory.

In meiner Dissertation habe ich mir dann die Intersexualität zum Thema gemacht und wie Sprache Geschlechter erzeugt – ganz vereinfacht gesagt. Mich interessiert außerdem, wie das in literarischen Texten passiert. Und welchen theoretischen Zugang man finden kann, um Geschlecht zu dekonstruieren, zu lesen, wie es sich selbst dekonstruiert im Text. Ich bin auch politisch aktiv und ich kann das Eine vom anderen überhaupt nicht trennen. Ich versuche das, was ich hier recht komplex erarbeite, runterzubrechen auf einen politischen Diskurs, der verständlich ist. Ich sehe absolut die Notwendigkeit, dass wir als WissenschafterInnen aktiv an politischen Prozessen teilnehmen. Das ist unsere Pflicht. Ich sehe mich als Wissenschafterin und als Mensch an einer Universität, mittlerweile in einer privilegierten Situation, als Assistenzprofessorin mit einem fixen Job. Nach vielen Jahren – aber doch. Und damit sehe ich mich absolut dazu verpflichtet, das, was ich jetzt denken darf – abgesichert denken darf – an die Gesellschaft zurückzugeben.

Du hast deinen Beitrag als Wissenschafterin zu politischen Diskursen erwähnt – hast du das Gefühl, dass das von Seiten der Gender Studies genügend passiert?

Ich finde es schwierig, wenn dauernd die Kritik kommt, dass die Gender Studies politische Handlungsfähigkeit verunmöglichen würden, weil sie nicht –  oder nicht mehr – auf Basis der biologischen Geschlechterdifferenz argumentieren. Ich würde sagen, es ist das Gegenteil der Fall. Ich glaube allerdings, dass es im Sinne eines strategischen Essentialismus notwendig ist, manchmal auf Basis der Biologie bzw. der vermeintlichen biologischen Differenz zu argumentieren. Das beste Beispiel dafür ist die Gehaltsschere. Was soll ich dazu sagen, wenn Frauen ein Drittel weniger verdienen aufgrund eines völlig irrwitzigen Unterschieds. Es ist ein Skandal.

Und da bin ich im Bereich der vermeintlich biologischen Geschlechterdifferenz, denn es ist ja nicht wirklich die Biologie. Es ist dieser Sprechakt am Anfang und die folgende Sozialisation – wie wir uns fühlen oder wer wir wirklich sind, das ist überhaupt nicht das Thema. Die Biologie ist einfach kein gutes Argument. Und trotzdem basieren auf ihr diese fürchterlichen Ungerechtigkeiten. Ich glaube, dass die Gender Studies und die Queer Studies aber genau das reflektieren und auf die Gesellschaft so zurückwirken können, um diesen biologischen Unterschied in Frage zu stellen. Es ist eine sinnlose Konstruktion, die nach wie vor nur zu Ausschlüssen und Ungerechtigkeiten führt. Es muss ja nicht jede Frau, die Gender Studies studiert, politisiert sein. Das kann man ja niemandem vorschreiben, aber es wäre wünschenswert, wenn ein Problembewusstsein vorhanden wäre.

Du hast in Österreich und den USA (Berkeley) studiert – kannst du in akademischer Hinsicht einen Vergleich zwischen den beiden Ländern ziehen?

Das ist schwierig zu beurteilen. Berkley ist natürlich anders. Es ist zwar eine staatliche Universität, aber eine sehr exklusive Universität, an der ganz andere Lehrbedingungen vorherrschen, die hier kaum möglich sind. Als ich dort war, hatte ich bereits ein Studium abgeschlossen und wusste genau, was ich wollte. Ich weiß nicht, wie es gewesen wäre, wenn ich dort studiert hätte, weil es ein sehr verschultes Studium ist. Also die Betreuungsverhältnisse in Österreich sind natürlich katastrophal, aber als ich hier studiert habe, war die Situation an den Unis noch sehr viel entspannter und wir konnten uns richtig austoben. Retrospektiv kommt es mir jetzt so vor, als ob wir viel mehr Zeit hatten, um miteinander zu reden und Dinge zu reflektieren, es gab diesen Druck nicht, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Scheine zu machen. Deshalb war für mich die Studienzeit sehr schön und das, was ich in Berkley erlebt habe, die absolute Draufgabe. Das war sozusagen das exklusive, elitäre Mitstudieren dürfen.

Ich bin aber für einen offenen Uni-Zugang, der in den USA nicht existiert. Ich bin auch sicher nicht für eine Elite-Uni. Was ich aber glaube, ist, dass wir mindestens doppelt so viel Budget brauchen, um hier gute Betreuungsverhältnisse herzustellen. Und vor allem müssen wir doppelt so viele Leute anstellen, damit dieses Prekariat ein Ende hat. Es ist natürlich vor allem eine Frage des Geldes und wenn sich ein Land wie Österreich leistet, mit so einem knappen Budget für den Bildungssektor dazustehen, dann braucht man sich eh nicht zu wundern. Also da wüsste ich ganz klar, was ich mir wünsche: Einen freien Uni-Zugang und natürlich Bildung für alle, so lange sie es wollen und so viel sie wollen. Weil auch ein unabgeschlossenes Studium Menschen verändert. Das ist etwas, das man mit Geld nicht aufwiegen kann. Also ich glaube, dass Bildung die Grundlage der Möglichkeit reflektierten Denkens ist und das ist wiederum enorm wichtig für eine politische Landschaft, die so wenig wie möglich polarisiert, Ausschlüsse erzeugt etc. Das gesamte Bildungssystem müsste besser ausgestattet werden, vom Kindergarten an bis zur Uni. Und vor allem auch geschlechtersensibel ausgestattet werden, schon sehr früh.

Zur Zeit ist die Diskussion um die angebliche Benachteiligung von Burschen in der Schule sehr populär…

Ja, das ist ganz interessant, und es gibt da ein Problem. Das mehrerlei Ursachen hat. Es ist fatal, dass es keine gescheiten Role Models für Jungen gibt. Geschlechterdifferenz hin oder her – aber wir brauchen unsere Role Models, so lange wir in diesem binären System leben müssen. Und wenn kleine Jungs nie mit männlichen Role Models zu tun haben, die ihnen vielfältige Handlungsmöglichkeiten vorleben, glaube ich, dass das nicht gut ist. Ich denke nicht, dass sie wirklich benachteiligt werden im Unterricht, aber sie entwickeln weniger Perspektiven, sie sind extrem einseitig, fixiert auf klischierte Vorstellungen von Männlichkeit. Während Mädchen alle Spektren durchspielen und das auch dürfen – ohne dass es peinlich ist. Also das erlebe ich bei meiner achtjährigen Tochter. Die Mädchen in ihrer Schule finden die Jungs total uninteressant, langweilig, engstirnig – öd irgendwie. Sie können nicht reden, können sich nicht unterhalten, spielen nur klischierte männliche Rollen. Das suchen sie sich ja nicht einfach aus, das wird vorgelebt, einstudiert, in den Familien und als Einfluss der gesamten Gesellschaft. Es ist alles viel enger in dieser Jungenkultur. Was man anschauen darf, welche Filme cool sind…

Mädchen stehen da mehr Möglichkeiten offen. Und das hat sicher damit zu tun, dass die Frauen, die in diesem Bildungsbetrieb tätig sind, den Mädchen Perspektiven eröffnen. Bei aller Benachteiligung, die es nach wie vor in diesem Segment gibt. Warum gibt es keine Volksschullehrer? Weil es eben kein Prestige-Beruf ist und man nicht viel verdient – da braucht man sich eh nicht wundern. Jungs werden schon gefördert, weil man dennoch auf sie Rücksicht nimmt und sie auch noch immer mehr Gesprächszeit im Unterricht haben etc., aber es ist irgendwie nicht divers, es ist eine Einbahn und eben die Basis dessen, dass es so weitergeht. Also es ist nach wie vor viel zu eng, dieses Geschlechtermodell. Und es gibt noch viel zu tun, deshalb haben wir Akademikerinnen und Akademiker, die sich damit beschäftigen, noch sehr viel Arbeit vor uns.

Teil 1 des Interviews

Link zum Beitrag auf „Adrians Blog“

Anna Babka ist Literaturwissenschaftlerin am Institut für Germanistik in Wien mit Schwerpunkten in Literaturtheorie, Gender Studies und Postcolonial Studies. Link zur Website

Bauer sucht Arbeitskraft

B

Ja, ich gestehe: seit einigen Wochen verfolge ich nun schon die dritte Staffel von „Bauer sucht Frau“ („ATV“). Das Reality-TV Format übt nämlich eine unglaubliche Negativ-Faszination auf mich aus. Und hätte ich mein Medienwissenschafts-Studium nicht schon abgeschlossen, so würde ich der Sendung wohl die eine oder andere Seminararbeit widmen. Obwohl, eigentlich sollte man/frau nicht zu jenen gehören, die dem österreichischen Sender „ATV“ wiederholte Traumquoten bescheren. Immerhin handelt es sich bei der erfolgreichsten Produktion des TV-Senders, die bereits seit 2005 über die Bildschirme flimmert, um ein zu tiefst reaktionäres und sexistisches Programm.

Das Prinzip der Doku-Soap, die ursprünglich aus Großbritannien stammt: Ausgewählte Single-Bauern werden auf „ATV“ jeweils in einem Brautschau-Video vorgestellt; anschließend sind Frauen (!) dazu aufgefordert, Bewerbungen an den Landwirt ihrer Wahl zu senden. Dieser pickt sich drei Bewerberinnnen heraus, die im TV um ihn buhlen. Was bzw. wen die Bauern da eigentlich suchen, variiert nur ansatzweise. Einige sprechen von Liebe und dem Ende der Einsamkeit, die meisten wollen dann aber doch eine Frau, die am Hof und im Haushalt „ordentlich anpacken“ kann (und möglichst gut aussieht – also „herzeigbar“ ist). Dieser Wunsch wird tatkräftig von den Eltern unterstützt, häufig will die künftige Schwiegermutter von der Hausarbeit und der Sorge um den Sohn entlastet werden. Die präsentierte Vorstellung von einer Partnerschaft gleicht also meist dem Modell, das noch vor der Erfindung der Romantik im 18. Jahrhundert als gesellschaftliche Norm diente.

Der Bauer, das Lama und die Frau im Abendkleid – Staffel 7

Das wirklich Schlimme an „Bauer sucht Frau“ (dessen Authentizität glücklicherweise bezweifelt werden darf) ist jedoch die Normalisierung und die Verharmlosung zweifelhafter Inhalte, die durch die Sprecherin aus dem Off (Moderatorin Katrin Lampe) passiert. In Staffel 7 ist da etwa Christian, der „elegante Winzer“. Christian beurteilt seine Kandidatinnen nach dem Hüftumfang. Von Kandidatin eins ist Christian enttäuscht, denn ihre Hüften sind deutlich sichtbar, sie ist gar nicht so zierlich wie auf dem vorab geschickten Foto. Kandidatin drei wiederum trägt ein viel zu langes T-Shirt, das ihre Hüften verdeckt. Eine Frechheit, befinden auch die Eltern. Da bleibt Christian wohl nichts anderes übrig, als die drei jungen Frauen  im heimischen Pool in Badekleidung zu begutachten. „Der erfolgreiche Winzer weiß eben genau, was er will“, erklärt die Moderatorin. Kandidatin zwei erfüllt die strengen Kriterien des Niederösterreichers dann doch und gefällt sogar dem Vater so gut, dass dieser ihr bei der Begrüßung an die Brüste fasst. „Oho, was für eine stürmische Begrüßung des Papas“, meint dazu die Stimme aus dem Off.

Um aussortierte Kandidatinnen will sich der ältere Bruder des Winzers kümmern, der schon bei der Auswahl der Bewerberinnen auf eine „fesche“ Frau gestoßen ist. Allerdings: Sie wurde 1976 geboren („Oh mein Gott“) und ist Dissertantin („Is ja egal.“ „Na, vergiss es, Doktorat, da waß ma nie!“).

Die Regie-Inszenierungen bei „Bauer sucht Frau“ erinnern ein wenig an „Germany’s Next Topmodel“: Aufgereiht stehen die drei Kandidatinnen meist „ihrem“ Bauern gegenüber und warten auf die Verkündung des nächsten Arbeitsauftrags. Dass sie „richtig anpacken“ können, müssen sie nämlich erst einmal unter Beweis stellen. Dazu lässt etwa Schnapsbrenner Josef aus Staffel 6 seine Frauen in ein riesiges Fass klettern, um es von innen zu reinigen. Kandidatin Brigitte meistert das im Gegensatz zu ihrer Konkurrentin gekonnt und bekommt dafür einen Pluspunkt gutgeschrieben. Josef entscheidet sich später dennoch für die „blonde und sehr zierliche“ Rikki, die in größerem Maße „herzeigbar“ ist. „Wenn ich könnte, würde ich aber dich für die Arbeit und die Rikki fürs Ausgehen nehmen“, entschuldigt sich Josef bei seiner Kandidatin. „Brigitte nimmt Josefs Entscheidung selbstbewusst zur Kenntnis. Nach dem vielen Hin und Her scheint ihr ein Stein vom Herzen gefallen zu sein“, kommentiert Lampe.

Angesichts dessen entsteht eine Art Verwirrung, ob man/frau sich ärgern und Protestbriefe an ATV schreiben oder angesichts der enormen Absurdität die Reality-Inszenierung als überzogene Parodie patriarchaler Geschlechterverhältnisse lesen soll. Einen Beweis, dass die (analytische) Kategorie „Geschlecht“ noch lange nicht überflüssig sein wird, findet sich hier allemal. Und zwar jeden Mittwoch um 20.15 Uhr auf „ATV“.

Liberal Nipples

L

Die amerikanische News-Website Huffington Post, die sich als liberales/progressives Medium versteht, ist vermutlich den meisten Leser_innen bekannt. Zwischen politischen Kommentaren und ökonomischen Analysen finden sich dort auf der Startseite stehts halbnackte Frauen – diese sexistische „Linkbait“ – Strategie kritisiert Feminist Frequency im aktuellen VLog:

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