CategoryWerbung

Hirter: Fasstypen, Teil 2

H

Wie versprochen, hat das Unternehmen Hirter Bier seine „Fasstypen“-Kampagne nun auch mit männlichen Models umgesetzt – genauer gesagt mit „drei bierigen, herzlichen und schlagfertigen Burschen“. Diesmal: kein weiterer Kommentar, Aufmerksamkeit für Hirter Bier gab es immerhin bereits zur Genüge.

In den Medien

I

Zur Obsorge-Debatte: In Deutschland wird ein neues Gesetz vorbereitet, unverheiratete Väter werden nun gleichgestellt, indem die automatische Bevorzugung unverheirateter Mütter fällt. Väter können nun ohne Zustimmung der Mutter eine gemeinsame Obsorge beantragen. Kommentare zur angeblichen „Willkür der Mutter“ und biologischen Definitionen von Vaterschaft gibt es auf der Mädchenmannschaft und bei Antje Schrupp.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat auch in Österreich für Schlagzeilen gesorgt. Während Justizministerin Bandion-Ortner hierzulande eine ähnliche Regelung erwirken möchte, spricht sich Frauenministerin Heinisch-Hosek nach wie vor gegen eine gemeinsame Obsorge aus.

Gute Nachrichten aus Kalifornien: Das Verbot der Ehe für homosexuelle Menschen ist aufgehoben worden, Bundesrichter Walker erklärte es für diskriminierend und damit verfassungswidrig. Eine wie immer brilliante Auseinandersetzung mit den entsetzten Reaktionen der Konservativen gibt es bei Stephen Colbert.

Die Netzneutralität ist in Gefahr: Nachdem Details über Kooperationen zwischen Google und Verizon bekannt wurden, wird nun eine von bestimmten Anbietern finanzierte bevorzugte Datenübertragung befürchtet. „Im Kern geht es aber darum, dass Google seine Daten schneller zu den Kunden bringen will und bereit ist, dafür zu bezahlen. Das allerdings bedroht die Netzneutralität, die neben der Dezentralisierung eines der beiden Basisprinzipien der Internets ist“, so Zeit Online. Eine Petition für die Netzneutralität kann bereits online unterzeichnet werden: Link , auf der Mädchenmannschaft gibt es einen Kommentar zu Netzpolitik im feministischen Kontext.

Die überflüssigste wissenschaftliche Studie der Woche ist auf ORF Science zu finden: „Männer in Rot ziehen Frauen stärker an.“
Der doofste Werbespot kommt diesmal von „Kornland“:

Sexismus – Die Hirter-Debatte

S

Das „Fasstypen-Plakat“ der Hirter-Brauerei (die Denkwerkstatt hatte den ersten Bericht) hat Wellen geschlagen. Es wird gemunkelt, es handle sich dabei um eine Sommerloch-Debatte, doch immerhin haben sich mittlerweile zahlreiche Journalist_innen und sogar Politikerinnen mit der Werbung auseinandergesetzt. Trotz aller Proteste wurde Hirter-Bier jedoch vom Werberat nur zu zukünftiger Sensibilisierung aufgefordert, eine Verurteilung erfolgte nicht.

Frauenstadträtin Sandra Frauenberger meldete sich etwa in der Debatte zu Wort – eine Selbstkontrolle der Werbewirtschaft sei nicht ausreichend, eine bundesweite Regelung zur Eindämmung sexistischer Werbung hingegen wünschenswert. Schützenhilfe kommt dabei von Maggie Jansenberger, Leiterin der Watchgroup gegen sexistische Werbung in Graz.  Auf der Website der Watchgroup werden sexistische Darstellungen in der Werbung gesammelt, Beschwerden an den Werberat können per Formular verschickt werden. Auch auf Wien.at stehen mittlerweile zwei Musterbriefe zum Download, die eine Beschwerde bei Unternehmen oder dem Werberat erleichtern sollen.

Michael Schmid fragt sich auf FM4.at, ob hinter einer sexistischen Werbekampagne nicht das bewusste Kalkül der Marketing-Abteilung steckt: „Mehr noch, der Protest ist längst Teil der Marketingstrategie geworden: Virales Marketing mit primitivsten Sexismen im Zeitalter der Aufmerksamkeits-Ökonomie. Dort, wo früher Kredibilität im Vordergrund stand und über Jahre am positiven Image von Marken gebastelt wurde, regiert jetzt die Aufmerksamkeit allein. Und mit allen Mitteln, denn Protest verkauft sich in den Köpfen der Werbeindustrie offensichtlich ähnlich gut wie Sex.“

Tatsächlich reihten sich in den vergangenen Tagen Hirter-Werbespots auffallend oft in die Werbeschleife von Supermarkt-Radios. Hirter ist im Gespräch. Und auf der Website des Unternehmens wird bereits nach den männlichen Fasstypen gesucht: „Egal, ob Morchl, 1270 oder Pils – egal ob Glas oder Flasche – wichtig ist nur: schick uns ein Foto mit dem Hirter Bier, von dem du glaubst, dass es genau dein Typ ist. Es ist auch möglich, dass du gemeinsam mit deinen Freunden – genau wie die Dirndl`n auf unserem Plakat – eine Hirter-Fasstypen Gruppe bildest. Hauptsache, es macht durstig, ist lustig und passt zu unseren Hirter Fasstypen!“, ist da zu lesen. Das klingt nicht so, als ob sich die Gegenstücke zu den lustigen „Dirndl’n“ bis aufs Bierglas entblößen müssten.

Auf FM4 wurde auch eine Diskussionsrunde zum Thema (zum Nachhören: Link) gestartet – entsprechende Reaktionen waren vorprogrammiert. Er könne nicht verstehen, wer bei einer solchen Werbung konkret beleidigt oder verletzt würde, meinte etwa ein Anrufer. Und überhaupt seien es einmal wieder die politisch Überkorrekten, die hier einen künstlichen Aufschrei erzeugen. Nicht zuletzt gebe es viele andere Werbungen, die weitaus schlimmer seien. Nun, dem kann man/frau eigentlich nur zustimmen: Immer wieder übertrifft ein sexistischer Werbespot den anderen – doch keiner steht alleine für sich in einem luftleeren Raum. Werbung passiert innerhalb der Gesellschaft und rekurriert auf kollektives Wissen. Das Hirter-Plakat etwa aktualisiert unser Wissen, dass Frauen Objekte der Begierde sind, ihre nackten Körper sind das untrügerische Zeichen (der Signifikant) dafür. Dabei bildet es nur einen kleinen Baustein im System sexistischer Darstellungen, die eine entsprechende Ordnung  am Leben erhalten. „Men look at women; women watch themselves being looked at“, schrieb etwa John Berger. Oder anders gesprochen: „The Gaze is not about desire. It is about power.“

Hirter Bier kann übrigens nicht nur tolle Plakate, sondern noch tollere Werbespots inszenieren:

Neueste Beiträge

Neueste Kommentare

Archive

Kategorien