Frauen und Männer essen anders, war jüngst auf diestandard.at zu lesen. Verzicht und Gemüse auf der einen Seite, Lust und dicke Steaks auf der anderen, so lautet angeblich die geschlechterspezifische Formel. Die Tatsache, dass auch Lebensmittel ein Geschlecht haben, wird mir bei jedem Restaurantbesuch aufs Neue bewusst. „Für die Dame ein Glass Prosecco und für den Herrn vielleicht ein kleines Bier?“ – die Vergeschlechtlichung beginnt spätestens beim Aperitif.
Als ich bei meinem letzten Ausflug in die Sterne-Gastronomie das Schokoladen-Dessert wählte, zwinkerte mir der Kellner zu und meinte: „Natürlich, Schokolade.“ Dass meine männliche Begleitung den Käse verweigerte und ebenfalls zur Schokolade griff, brachte offensichtlich sein Weltbild ins Wanken. Auch die Weinkarte bekommt grundsätzlich immer mein Partner überreicht, dass ich diesbezüglich über mehr Kompetenzen verfüge, wird entweder argwöhnisch oder milde lächelnd zur Kenntnis genommen.
Und warum sind Weinkellner eigentlich immer Männer? Nun ja, die sind schließlich Experten. Weinseminare boomen, wer den richtigen Tropfen zum Hirschkalbsrücken mit Speck-Schalotten empfehlen kann, hat Respekt verdient. Frauen tragen die Teller, Männer beraten die Gäste. Je mehr Hauben sich ein Restaurant erkocht hat, umso mehr Männer arbeiten im Service. Und das, obwohl in Österreich viel mehr Frauen in der Gastronomie beschäftigt sind. Bierzelte, StudentInnencafés und einfache Wirtshäuser sind Frauensache, Männer stehen hinter der Bar und hantieren mit dem Cocktail-Shaker oder referieren in Edelschuppen über Entenleberpralinen.
Ganz zu schweigen von den Küchen, die sich fest in den Händen der männlichen (!) Meisterköche befinden. „Für Frauen ist dieser Beruf wahrscheinlich zu hart“, verkündete unlängst ein solcher auf irgendeinem deutschen TV-Sender. „Männer stellen sich einfach gerne dort in die erste Reihe, wo es Ruhm und Anerkennung zu ergattern gibt“ – so oder so ähnlich versuchte eine Gourmetkritikerin das Phänomen der jungen Helden am Herd zu erklären. Vielleicht ist die Gastronomie aber auch nur ein weiteres, beliebiges Beispiel für die geschlechtliche Segregation, die jedem Grand Cru Classé einen bitteren Nachgeschmack verleiht.