Vergangene Woche startete ein #Aufschrei auf Twitter. Alles begann mit dem Artikel einer Stern-Journalistin, die das sexistische Verhalten des deutschen FDP-Politikers Brüderle schilderte. Unzählige Frauen* berichteten daraufhin auf Twitter unter dem Hashtag #Aufschrei über Alltagssexismus bzw. ihre Erfahrungen mit Sexismus und sexualisierter Gewalt. Obwohl ich mich seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftige, hat auch mich die Flut an Tweets (bzw. ihr Inhalt!) erst einmal erschlagen. Sexistische Vorfälle sind eben keine Zufälle, sondern haben System. Wie zu erwarten mischten sich unter die Berichte von Betroffenen auch bald üble, ignorante und zynische Bemerkungen, auch homophobe Tweets machten die Runde. Überhaupt blieb Heterosexismus außen vor, diesbezüglich solltet ihr unbedingt die Texte von Magda und Nadine lesen.
In Deutschland berichteten zahlreiche Mainstream-Medien über das Thema – manche Artikel lesen sich dabei durchaus so, als handle es sich um eine überraschende Erkenntnis: Sexismus existiert! Nachhaltige Berichterstattung fehlt hier eben und ein Nachrichtenwert entsteht erst, wenn sich prominente oder „unverdächtige“ Persönlichkeiten (also keine bekennenden Feministinnen*) entsprechend äußern und ein „Trend“ oder „Hype“ identifiziert werden kann. Natürlich finde ich es gut, wenn Presse-Leser_innen auch einmal einen Artikel über Sexismus in ihrer Sonntagszeitung finden, auf die Hoffnung, dass hier ein nachhaltiger Diskurs angeregt werden könnte, baue ich allerdings nicht. (Ein Studiogespräch mit der Journalistin Barbara Toth in der ZIB 24 musste übrigens mit den einleitenden Worten „Sexismus, ein Thema, das natürlich auch umgekehrt stattfindet und Männer betrifft, aber im vorliegenden Fall wollen mir uns mit den Frauen auseinandersetzen“ legitimiert werden.)
Während die Diskussionen bei Günther Jauch und ZDF log in wohl äußerst problematisch verliefen (und in Österreich erst gar nicht diskutiert wird), gibt es auch interessante Beiträge und Initiativen, auf die hier verlinkt werden soll: Auf der kürzlich eingerichteten Seite „Alltagssexismus.de“ könnt ihr etwa eure Erfahrungen teilen, dort finden sich auch Hinweise auf Organisationen, die schon lange zu diesem Thema arbeiten. Der NDR lässt im Beitrag „Ende des Schweigens“ betroffene Frauen* zu Wort kommen. Einen guten englischsprachigen Artikel über die Debatte könnt ihr in der New York Times nachlesen. Die nächste Gelegenheit, sich gegen Gewalt an Frauen zu engagieren, bietet die Aktion „One Billion Rising„, in Wien treffen sich Aktivistinnen* am 14. Februar um 17 Uhr vor dem Parlament.