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Wien-Wahl: BZÖ und KPÖ

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In knapp einer Woche (Sonntag, 10. Oktober, 7-17 Uhr) finden die Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen statt. Höchste Zeit, die kandidierenden Parteien auf ihre Frauen- und Geschlechterpolitik hin zu durchleuchten. Diesmal: BZÖ und KPÖ.

Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ)

Das BZÖ hat bei der Gemeinderatswahl 2005 in Wien nur 1,15 Prozent der Stimmen erreicht und tritt diesmal mit Spitzenkandidat Walter Sonnleitner, einem ehemaligen ORF-Journalisten, an. Wahlziel ist (logischer Weise) der Einzug in den Gemeinderat. Auf den ersten 13 Listenplätzen sind 5 Frauen vertreten, die am besten gereihte Kandidatin belegt dabei Platz 3. Auf der Website des BZÖ findet sich ein Programm der Partei, das in zehn „rechtsliberale Grundsatzpositionen“ und zehn weitere Kapitel unterteilt ist. Da das Programm für die Wien-Wahl wesentlich kürzer ist und auf entsprechende Inhalte nur unter „Für ein familienfreundliches Wien“ eingegangen wird, wurde hier hauptsächlich das allgmeine Parteiprogramm berücksichtigt.

Grundsatzposition III, „Gerechtigkeit statt Gleichmacherei“ bezieht sich – wie der Titel bereits erahnen lässt – auch auf die „Gleichberechtigung der Geschlechter“. „Der Bürger muss einen Anspruch darauf haben, dass er durch den Staat gerecht behandelt wird. Gleichmacherei lehnen wir ab“, ist hier zu lesen. Dies treffe besonders auf die Gleichberechtigung zu, die das BZÖ „nicht als Bevorzugung eines Geschlechts definiert.“  Wie die Bevorzugung eines Geschlechts aussieht, wird nicht näher erläutert, vermutlich handelt es sich hier um einen Seitenhieb auf Feminismus und Frauenpolitik, die unter konservativen Wählerinnen und Wählern wenig beliebt sind. Auch im Wiener Programm ist die Formulierung sehr allgemein gehalten: „Wir wollen eine geeignete, ausgleichende Geschlechter- und Gesellschaftspolitik. Bestehende Benachteiligungen müssen beseitigt werden.“ Konkret wird der Ausbau von Ganztags-Betreuungseinrichtungen in Wien gefordert.

Im Kapitel 3, „Soziales, Familie, Frauen, Jugend und Senioren“ ist zu lesen, dass das BZÖ „weg von überholten geschlechterspezifischen Rollenmustern, aber auch weg von der nur plakativen Forderung nach einer Gleichberechtigung der Frau“ möchte. Auch hier bleibt offen, was eine „plakative Forderung“ nach Gleichberechtigung sein soll, das Gegenmodell des BZÖ sieht folgendermaßen aus: „Das bessere gegenseitige Verständnis von Mann und Frau füreinander hilft dabei, die demografischen Herausforderungen, die Gleichstellung im Erwerbsleben wie auch eine familienfreundliche Vereinbarkeitspolitik in Österreich zu verwirklichen.“

Weiter definiert das BZÖ die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“: „Unsere Politik bedeutet die maximale Autonomie der Familie. Sie überlässt die Gestaltung ihrer Lebenswelten, Partnerschaften von Mann und Frau und Familienwelten vollständig der Eigenverantwortlichkeit mündiger, selbst bestimmter Bürger. Ihr Schutz vor jedweder Diskriminierung ist zu gewährleisten.“ Vor Diskriminierung soll also nur die Partnerschaft „zwischen Mann und Frau“ geschützt werden, homosexuelle Menschen sind offensichtlich nicht im Begriff „selbst bestimmter Bürger“ enthalten. „Das BZÖ bekennt sich zur Schaffung eines zeitgemäßen, kinder- und bedarfsorientierten Familienrechts, das die Kinderrechte bei Unterhalt, Besuch und Obsorge sichert und auf partnerschaftliche Teilung der Kindererziehung und ihrer Kosten statt bloßem Besuchsrecht und einseitiger Unterhaltspflicht nach einer Scheidung abzielt“ – dieses Statement bezieht sich auf die Forderung nach einer aktuell heiß diskutierten gemeinsamen Obsorge, die im Wiener Programm dezidiert formuliert wird.

Als konkrete politische Vorhaben werden das Schließen der Einkommensschere („durch ein umfassendes Maßnahmenprogramm direkter und indirekter betrieblich-steuerlicher Förder- und Absetzmöglichkeiten“) und die Erhöhung des Anteils von Frauen in Spitzenpositionen und Männerdomänen und von Männern in typischen Frauenberufen gennant. Ebenso die verschärfte Ahndung von Gewalt gegen Frauen und Gewalt in der Familie, der Ausbau von entsprechenden Schutzeinrichtungen und eine Verbesserung der Situation von Alleinerzieherinnen („speziell im Interesse der betroffenen Kinder“).

Fazit: Das BZÖ hat einige frauenpolitische Herausforderungen erkannt (Einkommenschere, Anteil von Frauen in Spitzenpositionen…), eine Beschreibung konkreter Maßnahmen bleibt jedoch sehr vage. Im Wiener Programm wird sehr wenig auf Frauen- bzw. Geschlechterpolitik eingegangen. Die Partei möchte offensichtlich nicht mit Forderungen nach „Gleichberechtigung“ in Verbindung gebracht werden, die Ablehnung einer „Gleichmacherei“ soll vermutlich angenommene Unterschiede zwischen den Geschlechtern betonen. Partnerschaften kennt das BZÖ nur zwischen „Männern“ und „Frauen“, gefördet werden soll die hetersexuelle Kleinfamilie als „Keimzelle der Gesellschaft.“ Eine Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Herausforderungen im Bereich Bildung und Wissenschaft fehlt. Link zur Website

Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)

Die KPÖ hat 2005 1,47 Prozent erreicht. Seit Anfang September steht die wienweite Kandidatur der Partei fest, derzeit ist sie nur im zweiten und dritten Bezirk mit je einem Bezirksrat vertreten. Der Einzug in den Gemeinderat ist ebenso wie beim BZÖ unwahrscheinlich, Spitzenkandidat Didi Zach hofft dennoch auf zusätzliche Gemeinderät_innen. Auf der Website der KPÖ Wien sowie der Bundes-KPÖ finden sich sehr viele und umfangreiche Texte, das jüngste Forderungsprogramm wurde am Parteitag im Dezember 2007 beschlossen. Laut Didi Zach unterscheiden sich die inhaltlichen und weltanschaulichen Positionen der Bundes-KPÖ und der Wiener KPÖ nicht wesentlich.

Das Parteiprogramm der KPÖ ist durchgehend geschlechtersensibel formuliert, die wichtigsten Anliegen werden folgendermaßen zusammengefasst: „Das Programm ist schwer in wenigen Sätzen zusammenzufassen. In Stichworten – Die KPÖ tritt in Wort und Tat für soziale Gerechtigkeit ein. Rassismus, Neofaschismus und Sexismus lehnen wir ab. Zudem reden über die Strukturen (Stichwort Kapitalismus), die die Misere (Ausgrenzung von Menschen) verursachen.“ Die Landes-Liste der Kandidatinnen und Kandidaten ist lang, auf den ersten 15 Plätzen sind 7 Frauen zu finden, die erste Frau tritt auf Platz 2 an.

„Frauen leisten Zweidrittel der gesamtgesellschaftlich notwendigen Arbeit, verdienen aber um ein Drittel weniger. Die nach wie vor in vielen Bereichen wirkende strukturelle Diskriminierung ist eine Verletzung grundlegender Menschenrechte. Ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz mit kollektivem Klagerecht ist nötig bzw. Förderungsmassnahmen, wo immer überkommene Rollenbilder eine gleichwertige Teilhabe an Beruf und Gesellschaft verhindern“, ist im Forderungsprogramm zu lesen. Ebenso möchte die KPÖ einen Ausbau von unabhängigen feministischen Frauen- und Mädchenberatungseinrichtungen erreichen, ein unabhängiger Frauenrat soll durch die Frauenministerin einberufen werden.

Die Partei fordert zudem ein flächendeckendes Netz kostenloser Kinderbetreuungseinrichtungen und eine Verdoppelung der Familienbeihilfe. Das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch soll im Gesundheitsrecht  verankert werden, Schwangerschaftsabbrüche kostenlos in allen öffentlichen Spitälern durchgeführt werden.

Auf der Website ist auch ein eigenständiges Frauenprogramm zu finden, das umfangreich theoretische Grundpositionen skizziert. „Unsere zentrale Forderung ist, ‚Geschlecht‘ ebenso wie ‚Klasse‘ als soziale Strukturkategorie zu begreifen, die soziale Ungleichheiten und Machtverhältnisse, Privilegien und Diskriminierungen beschreibt und gegenüber der Klassenstruktur Eigenständigkeit besitzt“, ist hier zu lesen. Der Text konzentriert sich überwiegend auf Arbeitsverhältnisse und eine Neudefinierung des Arbeitsbegriffs, Ausbeutung, internationale Ökonomie und patriarchale Strukturen. Auch auf die mediale Darstellung von Frauen und Pornografie wird Bezug genommen: „Zunehmend verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung und Pornographie. Es geht nicht darum, die Darstellung des nackten Körpers oder von Geschlechtsverkehr zu verhindern, sondern gegen die Entwürdigung der Frau anzukämpfen. (…) Die Reklame vermarktet die sexuellen Reize der Frau als Gratisbeigabe zu einer x-beliebigen Ware, und die Botschaft der Pornographie lautet: Frauen wollen gedemütigt, vergewaltigt, gefoltert werden.“

Im Rahmen der Selbstbestimmung wird auch die Diskriminierung von lesbischen Frauen angesprochen: „Lesbische Frauen im Kampf gegen Diskriminierungen und der freien Entscheidung für ein bestimmtes Sexualverhalten zu unterstützen, erfordert auch, eigene Verhaltensmuster, gedankliche Einstellungen, sexuelle Empfindungen zu reflektieren.“ Der gesamte Text ist sehr komplex und umfangreich, sodass es schwierig ist, sämtliche Inhalte übersichtlich zusammenzufassen. Interessierte können das gesamte Frauenprogramm hier nachlesen.

Fazit: Die KPÖ macht in ihren Programmen glaubwürdig klar, dass der Partei Frauenpolitik und die Bekämpfung von Diskriminierung wichtige Anliegen sind. Einzelne Punkte sind jedoch sehr theoretisch und komplex formuliert, sodass realpolitische Forderungen unklar bleiben. Ebenso braucht es wissenschaftlich-theoretisches Vorwissen, um die jeweiligen Texte verstehen zu können, was vor allem angesichts der Zielgruppen der KPÖ ein wenig verwundert. Link zur Website

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