Saturday Night Fever, Bauer sucht Frau, Das Geschäft mit der Liebe, Teenager werden Mütter – der österreichische Privatsender ATV landet mit seinen Reality-Formaten einen Quotenhit nach dem anderen. „Hemmungsloses Unterschichtenfernsehen“ nennt das die Zeit, wenn sich Halbwüchsige vor der Kamera betrinken und einsame Wiener in der Ukraine nach jungen, heiratswilligen Frauen suchen.
Neben dem enormen Unterhaltungswert und Fremdschäm-Potenzial ist den Sendungen vor allem der ausufernde Sexismus gemein. In „Saturday Night Fever“ werden etwa Molti, Spotzl, Pichla und Eigi bei ihren Sauforgien begleitet, die vordergründig ein Ziel haben: gutaussehende Frauen „aufreißen“. Im aktuellen Special „Beachparty, Oida“ durften die Jungs sogar acht Mädchen für eine gemeinsame Reise nach Kroatien auswählen. Nachdem die vier Niederösterreicher bisher (im Rahmen der Sendung) wenig Erfolg bei Frauen hatten, sollte auf diesem Wege nachgeholfen werden, erzählt uns die Sprecherin.
Natürlich möchten 19-jährige Männer nur in den seltesten Fällen auch wirklich jemanden kennenlernen, wenn sie sich in einer gleichgeschlechtlichen Gruppe betrinken und fremden Frauen unbeholfen obszöne Fragen stellen. Vielmehr wird in diesen Ritualen die eigene Männlichkeit hergestellt und von Gleichaltrigen bestätigt – Frauen herablassend zu behandeln und mithilfe sexistischer Sprache ein Machtgefälle zu produzieren, ist da integraler Bestandteil.
Eigi dabei zuzusehen, wie er (völlig weggetreten) von einer Bikini-Schönheit nach der anderen eine Abfuhr kassiert, macht jedenfalls jede Menge Spaß. Und dass sich genügend junge Frauen im Bikini in der Nähe der Partyhelden befinden, dafür sorgt ATV. „Do kummt ma her, bestellt ma sich eine Wodka-Flasche und dann kumman die Weiba auch, i glaub, die sind einfach bei der Wodka-Flasche dabei“, so drückt es Pichla in Folge 4 aus.
Das Schlimme daran sind eigentlich gar nicht die (oftmals bemitleidenswerten) Typen, die ATV vor die Kamera holt, sondern die Inszenierung durch die Sendungsverantwortlichen. Die Hauptdarsteller der jeweiligen Formate werden zwar laufend der Lächerlichkeit preisgegeben, aber auch zu Identifikationsfiguren und Sympathieträgern gemacht. Molti, Langhammer und Co sind vielleicht Idioten, aber auch unglaublich liebenswert, erzählen uns die Formate. Wenn Spotzl und Eigi ihren „zickigen Weibern“ entkommen und endlich willige Frauen finden, die kein Deutsch verstehen, freut man/frau sich als Zuseher_in.
Noch fataler kommt dieses Prinzip in „Das Geschäft mit der Liebe“ zum Tragen. ATV begleitet Wiener in die Ukraine, nach Tschechien und Rumänien, wo es noch Frauen geben soll, die nicht so eingebildet wie die Österreicherinnen sind und das Wort „Emanzipation“ noch nie gehört haben. Die Situation von Frauen in Osteuropa und zwielichtige Heiratsvermittler werden in der Sendung derart banalisiert, dass es irgendwann nur noch lustig wirkt, wenn Boxtrainer Mario Orsolics den Strand von Popowka nach Alleinerzieherinnen abgrast, weil diese angeblich leichter zu haben wären. „In der Ukraine verfallen viele Männer dem Alkohol, weshalb es viele Scheidungen und damit alleinstehende Mütter gibt“, erklärt eine Stimme aus dem Off.
Ein Schlauchboot reicht aus, um Frauen in der Ukraine zu beeindrucken,
erklärt uns ATV
ATV filmt schließlich die Familie der jungen Mutter, während Orsolics einem Journalisten erklärt, dass er „eh nur schnellen Sex“ wolle. Benehmen sich die Hauptdarsteller einmal zu wenig ausfallend, so wird einfach nachgeholfen. „Was ist jetzt mit der Tänzerin?“, fragt der Journalist Peter Langhammer, der in der Party-Zone Kazantip versuchte hatte, bei einer Gogo-Tänzerin zu landen. Nachdem Langhammer erklärt, dass sie nach Hause ins Bett gehen wolle, hakt er nach: „Wollen Sie ihr nicht nachgehen? Diese Chance wollen Sie sich entgehen lassen?“
ATV holt hier nicht einfach schräge Typen vor die Kamera – vielmehr betreibt der Sender mit seinem Hauptabendprogramm ein Mainstreaming von Sexismus und frauenverachtender Sprache. Alles nur noch banal. Normal. Unterhaltsam.