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Aktionismus und Positionen

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Aktivistinnen der GRAS (Grüne & Alternative StudentInnen) haben heute Montag an der Uni Wien auf die Unsichtbarkeit von Frauen in der Wissenschaft aufmerksam gemacht. Im Arkadenhof der Universität gibt es 153 Büsten und Gedenktafeln, die an bedeutende Wissenschafter erinnern, jedoch keine einzige Büste einer Wissenschafterin. Die beiden Spitzenkandidatinnen der GRAS, Janine Wulz und Maria Clar, haben die Männerrunde mit einer Frauenbüste und einem Plakat, auf dem zahlreiche Namen von Wissenschafterinnen zu lesen sind, ergänzt. Link – GRAS, Link „Fancy Fem Week“ auf Facebook

Aktivistinnen der Plattform 20000frauen haben vergangenen Donnerstag eine feministische Muttertagsaktion veranstaltet. Einen ausführlichen Bericht zur Aktion gibt es auf diestandard.at, auf der Website der 20000frauen findet ihr Fotos und  Muttertagsgedichte und -lieder zum Download, auf Youtube ist ein Video von der Aktion zu sehen.

Verschiedene Organisationen und NGOs, darunter Amnesty International, haben vergangenen Freitag auf die nach wie vor dramatisch hohe Müttersterblichkeit weltweit hingewiesen. Auf der Rahlstiege in Wien legten sich AktivistInnen im Rahmen der Aktion auf „blutige“ Leintücher. Link  Bericht auf diestandard.at

In der Wochenendausgabe des „Standard“ wurde anlässlich des Muttertages ein Text von Marlene Streeruwitz veröffentlicht. „Wenn Sie mich fragen, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die ganze Sache mit den Frauen und der Frage, wie sie leben sollen, ganz neu aufzurollen“, schreibt die Schriftstellerin und Feministin.

Von Feminisierungs-Krisen und Väterrechtlern, 1

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Die Denkwerkstatt ist unter anderem angetreten, um Gender-Wissenschaft zu kommunizieren. Damit dies nicht zu kurz kommt, gibt es endlich wieder ein Interview mit einem Männlichkeits-Wissenschafter. Diesmal: Paul Scheibelhofer, ein Nachwuchs-Wissenschafter bzw. Soziologe, der vorwiegend zu den Themen Geschlecht (insbesondere Männlichkeit), Migration, Rassismus und Jugend forscht.

Du hast Soziologie studiert und beschäftigst dich jetzt vorrangig mit Gender Studies / Männlichkeitsforschung und Migration. Woher kommt dein Interesse für Gender Studies und Männlichkeitsforschung?

Mein Fokus auf Geschlechterforschung hat sich im Studium eigentlich ganz zufällig ergeben. Ich habe damals mit dem naiven Anspruch, die Welt verbessern zu wollen, zu studieren begonnen. Und einem wirklich kritischen Anspruch bin ich am Soziologie-Institut nur in Gender- oder Migrations-Seminaren begegnet. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass in Gender-Seminaren spannende Gesellschaftskritik passiert. Und dass es um viel mehr geht, als um Geschlechterverhältnisse. Sei es jetzt, sich Philosophiegeschichte aus Geschlechterperspektive anzusehen, zu analysieren, was Sexarbeit mit Globalisierung und ökonomischen Verhältnissen zu tun hat – also im Prinzip hatte ich das Gefühl, dass eigentlich die ganze Welt verhandelt wird. Und als ich dann ein Jahr lang in Amsterdam studiert habe, habe ich die Männlichkeitsforschung für mich entdeckt. Ich hatte zuvor schon immer meine Studienkolleginnen darum beneidet, dass sie nicht nur den Zugang zu diesen tollen theoretischen Ansätzen haben, sondern auch einen persönlichen Bezug entwickeln können. In der Männlichkeitsforschung ist das für mich jetzt ein „added value“, dieser persönliche Bezug und die Reflexionsmöglichkeiten.

Fehlt dir bei Frauenforschung oder Gender Studies also ein solch persönlicher Bezug?

Nein, nicht unbedingt, es ist eben ein anderer persönlicher Bezug. Und ich finde es schon kompliziert genug, als Mann Gender Studies zu machen und da auch Raum zu beanspruchen. Kritische Männlichkeitsforschung zu machen ist dann wohl auch ein bisschen ein Weg, um sich nicht all zu vielen Fragestellungen aussetzen zu müssen. Mein Interesse gilt zwar der Beforschung von Geschlechterverhältnissen, ich finde es in meiner eigenen Forschungsarbeit aber für mich einfacher, es zu legitimieren, als Mann Männer und Männlichkeit kritisch zu beforschen, als Frauen und Weiblichkeit.

Akademische Männerforschung hat sich bisher im deutschsprachigen Raum wenig etablieren können. Warum glaubst du, ist das so?

Nun ja… Ich denke, es hat ja auch lange genug gedauert, bis es die Geschlechterforschung überhaupt an die Uni geschafft hat. Mich überrascht es eher, dass es so viel Zuspruch zur Männlichkeitsforschung gibt. Es gibt zwar vielleicht noch keine Professuren, aber ich erlebe großes Interesse vieler Institute – bis hin zu problematischen Tendenzen. Es scheint mir, dass es sich Gender Studies Institute heute teilweise gar nicht mehr leisten können, Männlichkeitsforschung nicht zu machen. Es ist wohl ein Aushängeschild auch für Geldgeber_innen geworden, um zu zeigen, dass man mit der Zeit geht. In Anbetracht dieser Tendenzen gibt es, denke ich, auch gute Gründe dafür, zu hinterfragen, wie schnell sich Männlichkeitsforschung an den Universitäten etabliert, welche Männlichkeitsforschung das ist und welche Interessen da dahinterstecken.

In den Medien taucht Männlichkeitsforschung meiner Beobachtung nach aktuell häufig im Zusammenhang mit Scheidungsvätern und dem Diskurs um eine Benachteiligung von Jungen im Schulunterricht auf. Teilst du diese Einschätzung?

Ja und ich bin oft überrascht – im negativen Sinn – welche Positionen da vertreten werden, wenn in den Medien Experten zu Männlichkeit eingeladen werden. Da fehlt mir häufig die feministisch-emanzipatorisch-gesellschaftskritische Perspektive. Ich wundere mich darüber, warum die Medien auf solche Leute zurückgreifen. Spannend finde ich dabei vor allem diesen Krisen-Diskurs. Diese Idee, dass Männlichkeit in der Krise ist, mit den unterschiedlichen Ausformungen. Also dass Buben etwa in einer Feminisierungskrise stecken, Lehrerinnen sie nicht zu „echten“ Männern erziehen können. Oder dass Väter in der Krise sind, weil die Mütter ihnen angeblich die Kinder verweigern. Diesen Diskurs muss man beobachten und versuchen zu verstehen, warum er so gut ankommt. Edgar Forster von der Uni Salzburg spricht in einem Text von einer Re-Souveränisierungsstratgie: Im Reden über den armen Mann und den armen Buben kommt es wieder zu einer Etablierung von hegemonialer oder konservativer Männlichkeit. Wenn Schüler von Lehrerinnen angeblich nicht zu „richtigen Männern“ erzogen werden können, steckt dahinter ein stark normatives Bild davon, was es heißt, ein „echter Mann“ zu sein. Und den meisten Väter-Rechtlern geht es offensichtlich nicht um die Frage, wie Reproduktionsarbeit gleichberechtigter organisiert werden kann, sondern es ist eher ein revanchistischer, anti-feministischer Diskurs. Er wird verwendet, um eine konservative Männlichkeit einzureklamieren. Ich habe das Gefühl, hier ist es besonders wichtig, etwas zu unternehmen und alternative Positionen stark zu machen.

Das ist also ein Anliegen deiner Forschungsarbeit?

In meiner derzeitigen Forschungsarbeit steht das noch nicht zentral, was sich aber zukünftig hoffentlich ändert. In der Lehre konzentriere ich mich nun vermehrt auf die kritische Analyse des männlichen Krisen-Diskurses und ich hoffe, dass sich da in näherer Zukunft auch ein Forschungsprojekt ergibt und das Thema nicht zu heiß ist für gewisse Geldgeber_innen. Lothar Böhnisch hat einmal bei einer Tagung gesagt, ein Problem der Männlichkeitsforschung ist, dass sie sich von der Frauenforschung emanzipieren muss.

Und mit welcher Begründung?

Dass, wenn es zu sehr die Frauenforschungs-Perspektive bleibt, es eine verzerrte Perspektive auf Männer entsteht und den realen männlichen Lebensweisen nicht gerecht wird. Ich habe daraufhin einen kleinen Streit mit ihm begonnen, weil ich das überhaupt nicht so sehe, also ich finde das für kritische Männlichkeitsforschung zentral, dass sie sich als Teil von Gender Studies und feministischer Forschung begreift. Es gibt diese Tendenz innerhalb der Männlichkeitsforschung, diese Idee, wir müssen jenseits feministischer Ideen eigene Forschung entwickeln und ich finde das sehr problematisch. Also es gibt, denke ich, durchaus viele Forscher, die etwas zu Männern machen und sich nicht explizit als feministisch verstehen.

Demnächst in Teil 2: Warum Männlichkeit eigentlich aus der Welt geschafft werden muss und warum die Universität Wien eine Art „worst case“ darstellt.

Paul Scheibelhofer lehrt kritische Männlichkeitsforschung sowie Migrationsforschung an den Universitäten Wien, Graz und Innsbruck. Er studierte Soziologie in Wien und Amsterdam, danach besuchte er den postgradualen Lehrgang Soziologie des Instituts für Höhere Studien, Wien und verfasst derzeit seine Dissertation am Gender Studies Department der Central European University, Budapest. Er engagiert sich in der Forschungsgruppe [KriMi] Kritische Migrationsforschung. In Forschungsprojekten und Publikationen beschäftigt er sich mit den Themen: Migration, Männlichkeit, Rassismus und Jugend.

Links: Interview mit Amerikanistik-Professor und Männlichkeits-Wissenschafter Klaus Rieser, Teil 1 und Teil 2

Gender studieren

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Geschlechterforschung hat sich mittlerweile (mit einiger Verspätung) auch an den europäischen Universitäten etabliert – dennoch gibt es nicht viele Möglichkeiten, Gender Studies als eigenständiges Studium zu absolvieren. Wo das trotzdem möglich ist? Hier ein kurzer Überblick (kein Anspruch auf Vollständigkeit…):

Universität Wien
In Wien kann seit dem Wintersemester 2007 das Masterstudium „Gender Studies“ mit einem „Master of Arts“ abgeschlossen werden. Koordiniert wird das Studium vom Referat Genderforschung – die Studienprogrammleitung ist mit Prof. Flicker am Institut für Soziologie angesiedelt. Das interdisziplinäre Masterstudium setzt sich aus 8 Modulen zusammen, geforscht wird unter anderem zur Geschichte des Fachs, Geschlecht und Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Zeitgeschichte, Ökonomie, Philosophie, Psychoanalyse oder Recht.  Alle relevanten Infos zum Studium finden sich auf der Website des Referats Genderforschung.

Karl-Franzens-Universität Graz
Auch in Graz gibt es seit dem Wintersemester 2007 ein fakultätenübergreifendes Masterstudium, das den Titel „Interdisziplinäre Geschlechterstudien“ nennt. Der Nachteil: Das Studienangebot an der Universität Graz ist nicht sehr breit, dementsprechend muss man/frau sich im Wesentlichen auf die Bereiche Recht, Soziologie, Religion und Pädagogik konzentrieren. Dennoch gibt es auch eigens für das Masterstudium konzipierte Lehrveranstaltungen! Infos auf der Website der Koordinationsstelle Geschlechterstudien, Frauenforschung und Frauenförderung.

Humboldt-Universität Berlin
An der Humbolt-Universität zu Berlin kann sowohl ein Master, als auch ein Bachelor of Arts in Gender Studies absolviert werden. Den Bachelor gibt es allerdings nur als Neben- oder Beifach mit 60 oder 20 Studienpunkten. Das Masterstudium umfasst 120 ECTS, die Lehre besteht aus theoretischen und anwendungsbezogenen Lehrveranstaltungen aus acht Fakultäten und 21 verschiedenen Fächern. Achtung, in Deutschland ist eine Bewerbung für das Studium notwendig, alle relevanten Informationen für deutsche Staatsbürger_innen und ausländische Bewerber_innen finden sich hier.

Lund University
Auch im Land der Gleichberechtigung kann ein Master in Gender Studies absolviert werden, die Universität Lund bietet dazu einen englischsprachigen Studiengang an. Der „Master of Science in Social Studies of Gender“ umfasst ebenfalls 120 ECTS und ist interdisziplinär angelegt. Achtung, das Bewerbungsverfahren in Schweden ist recht kompliziert und muss frühzeitig geplant werden! Alle Infos gibt es hier.

Universiteit van Amsterdam
An der Universität Amsterdam kann das Studienprogramm „Gender, Sexuality and Society“ in englischer Sprache absolviert werden. Absolvent_innen erhalten einen Master-Degree der Soziologie, das Studium dauert nur zwei Semester. Auch hier ist das Bewerbungsverfahren recht kompliziert und erfordert Entschlossenheit, wer aufgenommen wird, kann jedoch von einem exzellenten Betreuungsverhältnis und der internationalen Ausrichtung profitieren.  Infos: hier.

Weitere Studienmöglichkeiten:
Universität Basel – Link
Universität Bielefeld – Link
Universität Oldenburg – Link
Ruhr-Universität Bochum – Link
Freie Universität Berlin – Link
University of London – Link
Women’s Studies Programs, Departments and Research Centers – Überblick International

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